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TEIL III: 8. WOCHE – GRIECHENLAND: PLÖTZLICH ZU VIERT!

10. - 16.06.2023

männer sind wertvoll!

Mit einem Blick auf die Osum-Schlucht beginnen wir den neuen Tag und lassen nach den Abenteuern am Vortag alles ruhig angehen. Meditation, Hula Hoop, Yoga und ein ausgiebiges Frühstück sind da genau richtig.

 

Dann packen wir die Wasserfarben aus, denn meine gestrige Einsicht über den Wert von Männern muss schriftlich und bildlich festgehalten werden, bevor sie sich wieder verflüchtigt...

Und dann wird sie so platziert, dass ich sie mehrmals jeden Tag vor Augen habe – jawohl!

Als unser Werk vollbracht ist, machen wir uns auf den weiten Weg: Rund 250 km und damit fast ein ganzer Tag im Auto liegen vor uns, denn hier kann man ohne Probleme 1,5 Stunden für 50 km Strecke einplanen...

 

Zuerst kurven wir zurück nach Berat, wo wir am Vortag auch gestartet sind. Dann geht es Richtung Küste und dann ab in den Süden.

 

Eine kleine Pause gönnen wir uns zum Mittagessen. Ansonsten cruisen wir zu deutschem Hiphop durch das halbe Land.

unerwarteter Besuch...

Unsere einzige Abwechslung ist, dass wir am Weg zwei Tramper aufsammeln. Leo und Anna möchten in die Türkei und irgendwie fahren wir ein bisschen in die richtige Richtung für die zwei.

 

Nach etwas Smalltalk entschließen sie sich, uns noch nach Permet zu den heißen Quellen zu begleiten. Das freut uns – denn abgesehen von Tante Claudi und Onkel Hans haben wir dieses Mal gar keine Gäste...

Gegen 18.00 Uhr erreichen wir das Ziel. 

Zwischen vielen anderen – wieder primär deutschen – Campern finden wir ein Plätzchen auf dem Parkplatz bei den Quellen. Gemeinsam erkunden wir ein wenig die Umgebung, hüpfen ein erstes Mal ins Wasser und essen dann das berühmte Gemüse-Curry a la Tabea mit Reis. 

 

Zum Dank für diese Köstlichkeiten spült Anna das Geschirr, während der Moggel, Leo und ich „Ernst und Heinrich“ hören und uns kaputtlachen. 

Dann bekommen wir noch ein kleines echtes Gute-Nacht-Konzert.

 

Wie schön es doch ist, wenn mal Besuch da ist...

Heisse Quellen...

Gleich nach dem Frühstück machen wir uns am nächsten Morgen mit Badesachen und Getränken im Gepäck auf zu einer kleinen Wanderung im Nationalpark Bredhi i Hotoves. 

Zuerst queren wir die osmanische Steinbrücke zu den Thermalquellen, dann steigen wir über die Felsen zu einem Schotterweg auf, der uns in Serpentinen auf den Berg führt. 

 

Links neben uns bleibt die Schlucht, durch die tief unten der Fluss Lengarica fließt. Als wir irgendwann auf einen kleinen Trampelpfad abbiegen, führt uns dieser zu einer weiteren osmanischen Steinbrücke und einem wunderschönen, klaren Flussbett mit vielen Gumpen und kleinen Wasserfällen.

Da es schön warm ist, ziehen wir uns aus und nehmen ein kühlendes Bad. Wir sind – ganz anders als bei den Quellen im Tal – völlig allein in der Natur. Es ist wunderschön, ja fast paradiesisch!

 

Auf dem Rückweg nehmen wir im letzten Teil einen kleinen Pfad zum Fluss hinunter. 

Dort sind weitere Becken mit warmem Wasser und an einem davon treffen wir sogar die Israelis wieder, die uns bei unserem Fauxpas zu den albanischen Bauern mitgenommen haben.

Mehrmals müssen wir barfuß den Fluss queren, bis wir wieder am Ausgangspunkt ankommen. Gerade rechtzeitig, denn kaum sind wir bei Malte angelangt, beginnt es zu regnen.

Osmanische Baukunst...

Nach Pfannkuchen mit Honig, Nutella, Marmelade und Ahornsirup fahren wir nach Gjirokastra. Die Stadt der 1000 Steine ist – ähnlich wie Berat – Unesco-Weltkulturerbe und gibt einen guten Einblick in die Architektur und den Städtebau der Osmanen. 

Über der kleinen, touristischen Altstadt thront eine riesige Festung, die wir nach einer Homemade Limonade in einer kleinen Kneipe in der Fußgängerzone besuchen. 

Während Leo und Nathanael im dort angesiedelten Museum alte Waffen begutachten, spazieren Anna und ich durch die Burganlage.

 

Auf dem Weg zurück zu Malte fällt unseren zwei Mitreisenden auf, dass sie noch zu viel albanisches Geld bei sich haben, das angesichts der baldigen Ausreise dringend auf den Kopf gehauen werden muss. Wir gehen daher essen und lassen uns mit den landestypischen Reisbällchen, Tomatenpuffern mit Joghurt, Fleischküchlein mit Tomatensoße, Moussaka und Käse in Sesam und Honig verwöhnen. 

Ein blaues Auge...

Für die Nacht tingeln wir noch ein bisschen weiter und finden auf dem Parkplatz am späten Abend vor dem bekannten „Blue Eye“ ein geeignetes Schlafplätzchen. 

 

Am nächsten Morgen ziehen wir wieder zeitig los und umrunden die Karstquelle Syri i Kalter. Unablässig sprudelt das klare blaue Wasser aus dem Felsen. Zusammen mit den grün-gelben Algen und den umliegenden Bäumen ergibt das ein phantastisches Farbenspiel. 

Wie kann man bei diesen Wundern nicht an etwas glauben, das den Menschen und seinen mickrigen Verstand um so viel überragt?

Um auch die Küste Albaniens mitzunehmen pausieren wir auf dem Weg nach Griechenland für ein Bad im Meer bei Ksamil. Dem Moggelchen gefällt die Planscherei, aber ich finde das Wasser viel zu salzig. Wieder getrocknet spannt und klebt die Haut unangenehm – da lobe ich mir doch die schwefeligen Quellen oder den kalten Fluss in den Bergen... 

 

In der Nähe des Butrint Nationalparks können wir natürlich nicht umhin, danach auch dort noch einen kleinen Stopp zu machen. Auf der Aussichtsplattform picknicken wir gemütlich und hängen einen Verdauungsspaziergang zu einem verlassenen Haus im Parkgelände an.

an der griechischen Grenze...

Eine abenteuerliche Fähre bringt uns dann auf die Halbinsel, die zur Grenze führt. Leider habe ich die Einverständniserklärung von Tobias für das Reisen allein mit Kind vergessen. So erhalte ich bei der Passkontrolle in Griechenland vom Polizeibeamten eine Unterweisung zum Thema „Kindesentführung außerhalb der EU“...

 

Ich gelobe Besserung, aber im letzten Jahr wollte nie jemand diesen von uns ausgefüllten Wisch sehen, so dass ich dieses Mal nachlässiger geworden bin. Sofort ordere ich ihn aber per Telefon in Tübingen an!

Kurz vor 19 Uhr erreichen wir Plataria. Hier können wir nach fast 14 Tagen Vollversorgungs-Abstinenz auf einer Camper-Anlage Grauwasser und Toilette leeren und frisches Wasser auffüllen. Ich nutze die Gelegenheit auch gleich, um endlich mal den Fahrerraum zu säubern: Kekskrümel, Dreck, kleine Steine und Sand finden zurück in die Natur. 

 

Mit Spaghetti und roter Soße füllen wir unsere Bäuche. Dann geht das Kind ins Bett, während ich per Zoom an einer Stunde Zitteryoga am Strand teilnehmen darf. Was für ein Leben...

Trauriger Abschied von unseren Trampern...

Nach 5 Tagen gemeinsamem Reisen mit Anna und Leo müssen wir heute Abschied nehmen von unseren Trampern. Während sie Richtung Süden, Türkei und Georgien weiterziehen, möchten wir uns heute organisieren und die Zeit in Griechenland strukturieren. 

 

Wir frühstücken noch gemeinsam und eisen uns dann schweren Herzens los. 

Keine halbe Stunde später stellt das Moggelchen fest: „Die zwei fehlen mir schon! Dir auch, Mama? Frag doch mal per Whatsapp, ob sie uns auch schon vermissen!“ 

Pfützen hüpfen...

Gegen 14 Uhr habe ich alle Telefonate erledigt, Termine notiert und Unterlagen aufgeräumt. 

Aus dem Griechenland-Reiseführer notiere ich alles, was in unserem Umfeld sehenswert ist und bringe diese Ziele in eine Reihenfolge, die für uns Sinn macht. 

 

Dann verlassen auch wir den Stellplatz und fahren ins Landesinnere. Als wir unterwegs an einem Supermarkt halten, um unsere Gemüsevorräte aufzustocken, beginnt es heftig zu regnen. So ziehen wir uns mit Malte in der Nähe eines Sportplatzes in Anatoli zurück und warten. Richtig Lust auf Sehenswürdigkeiten haben wir sowieso nicht nach den vollen Tagen der letzten Woche!

 

Als es aufhört, gehen wir ein bisschen ins Freie zum Laufen, Radeln und in die Pfützen hüpfen und danach ist es auch schon Zeit fürs Bett...

Sport ist Mord...

Den Sportplatz direkt vor der Nase nutzen wir auch am nächsten Morgen: Ich jogge seit Ewigkeiten das erste Mal wieder und hänge an die 5 km Laufen noch eine Einheit Krafttraining dran. 

Mir ist schon bei den Übungen klar, dass ich davon gut Muskelkater kriegen werde – aber egal: Irgendwann muss man einfach wieder anfangen!

 

Im Anschluss an die Dusche fahren wir nach Ioannina. Direkt am Seeufer finden wir einen kostenfreien Parkplatz, den ich sofort in Beschlag nehmen. Zwei griechische Männer beobachten mich beim Einparken und gratulieren mir beim Aussteigen voller Bewunderung zu meinen Fahrkünsten. 

Ich muss schmunzeln – wenn sie wüssten, dass ich vor knapp 6 Tagen im Graben steckengeblieben bin und weder vorwärts noch rückwärts konnte...

Süsses für innen uns außen...

Beim Bummeln durch die Gassen Ioanninas gönnen wir uns Bougatsa Crema. Ich erinnere mich dabei an meinen im Dezember verstorbenen Patenonkel Walter, der auf Thassos ein Haus hatte in dessen Nähe ein Bäcker war, der unwiderstehliche Bougatsa Crema buk. 

Schon lange war ich nicht mehr auf der Insel...

 

Dann bewundern wir die Schaufenster der unzähligen Schmuckläden, die das Stadtbild Ioanninas prägen. Der Moggelmann beschließt, dass ich dringend mehr Schmuck benötige und diesen fleißig tragen muss, denn nur mit viel Geschmeide sei eine Frau auch wirklich schön. 

„Mama, ohne Schmuck bist Du langweilig. Wenn Du mehr davon trägst, dann fassen Dich auch mehr Männer an!“, meint er fachmännisch. „Aber das will ich doch gar nicht!“, erwidere ich. „Ich will gar nicht, dass mich mehr Männer anfassen!“ 

Aber der kleine Kerl ist nicht auf den Kopf gefallen. Im Handumdrehen findet er ein neues Argument: „Aber Mama, ohne Schmuck bist Du keine schöne Mama und dann kann ich gar nicht mehr mein T-Shirt tragen, wo draufsteht „Sohn einer wundervollen Mama“!“ 

Ich fürchte, der Moment, wo ich ihm tatsächlich im Gespräch nicht mehr gewachsen bin, kommt schneller, als ich möchte...

Auf dem Rückweg stellen wir fest, dass genau gegenüber von Malte Passagierschiffe anlegen, die zu dem kleinen Inselchen im See fahren. Für 2 Euro pro Person steigen wir zu und genießen die kurze Überfahrt zwischen anderen Touristen.

Dort angekommen decken wir uns mit griechischen, zuckersüssen Backwaren zu absurden Preisen ein und umrunden dann in einem Spaziergang das kleine Eiland. 

Rekord-Schlucht...

Pünktlich zur Abendessens-Zeit kommen wir wieder bei Malte an. Aus unseren Einkäufen zaubere ich einen gemischten Salat mit Feta, der so lecker ist, dass sogar das Moggelchen Nachschub davon haben möchte. 

Dann düsen wir noch nach Vikos, wo wir direkt am Ausgangspunkt der tiefsten Schlucht der Welt einen Parkplatz für die Nacht ergattern. 

Als das Kind im Bett ist, befrage ich unsere Camper-Nachbarn aus Österreich, was sie über den Canyon und das Wandern in ihm wissen. Es stellt sich heraus, dass die beiden die gleiche Tour ins Auge gefasst haben, wie ich und dass sie bereits für den kommenden Morgen ein Taxi für die Fahrt zum Endpunkt der Schlucht bestellt haben.

 

Ich frage, ob wir uns anschließen könnten und erhalte eine Zusage.

Tiptop – schon wieder 20 Euro Taxikosten gespart!

Wie verabredet stehen wir um 8 Uhr in Wanderkleidung und mit einem voll bepackten Rucksack vor dem Van der Össis. Auch sie sind startklar, aber vom georderten Taxi fehlt leider jede Spur.

Eine geschlagene Stunde warten wir, bis endlich jemand kommt, der uns nach Monodendri fährt. Zum Ausgleich für die Verspätung bringt uns der Fahrer aber noch zu Fuß zum Einstieg in diesen Abschnitt des Epirus-Trails.

 

Nach einem steilen Abstieg auf teilweise schrecklich rutschigen Steinen erreichen wir den Fluss im Tal. An seiner Seite bleiben wir für die kommenden 6 Stunden: Wir laufen über Schotter, hangeln uns im Flussbett von Stein zu Stein und schlendern durch urwaldartige Baumstücke. 

Dabei sehen wir jede Menge Frösche, Schildkröten, Schlangen, Riesenschnecken und Eidechsen mit blauen Köpfen und roten Bäuchen. 

 

Es ist eine wundervolle Wanderung, der auch der aufkommende Regen keinen Abbruch tut. 

Selbst der Aufstieg, der in Serpentinen entlang der Felswände führt und fantastische Blicke in die Schlucht ermöglicht, macht mir trotz meines fiesen Muskelkaters Spaß.

 

Zum Abschluß dieses Erlebnisses fahre ich noch zu einem Ausgangspunkt rund 30 km weiter. Hier sagen wir dem Canyon von oben „Auf Wiedersehen – bis zum nächsten Mal!“

Bügellift in Griechenland?

Bevor wir es uns für die Nacht auf einem Parkplatz in einem Skigebiet bei Metsovo gemütlich machen, fahren wir noch 80 km weiter ins Landesinnere. So sind es nur noch weitere 60 km bis zu den Meteora-Klöstern, die wir als nächstes erkunden möchten.

 

Als wir ankommen regnet es. Überhaupt haben wir hier jeden Nachmittag Regen. 

Heute prasselt es auch die ganze Nacht hindurch auf unsere Dachfenster. Ich schlafe nur oberflächlich, obwohl das Geräusch der Regentropfen etwas sehr Beruhigendes hat.

Vielleicht quält mich ein bisschen Heimweh...

Am Morgen haben wir beide keine Lust aufzustehen. 

Draußen ist es kalt, nass und nebelig. Die Temperaturanzeige von Malte zeigt gerade einmal 10° C – und das Mitte Juni!

 

Gegen 11 Uhr gebe ich Helga einen fetten Tritt: „Los, mach schon! Beweg Dich jetzt!“ sage ich zu ihr. „Was willst Du noch länger hier umhängen? Es kann anderswo nur besser sein!“

Stöhnend erhebt sie sich... 

 

Wir frühstücken schnell und fahren dann los Richtung Kalambaka. Der Nebel ist teilweise so dicht, dass ich keine 50 Meter weit sehe und nur sehr langsam fahren kann. 

Vorsicht ist auch geboten, weil auf der gegenüberliegenden Straßenseite häufig Geröll liegt. Wo sind wir hier hingeraten? Außer uns ist kein weiteres Fahrzeug zu sehen...

Auf Stein, Aus Stein, in Stein...

Am frühen Nachmittag erreichen wir uns Ziel: Wie aus dem Nichts finden wir uns vor unglaublich großen Felsen wieder, die wie wahllos hingeworfene Riesen-Kieselsteine in der Landschaft liegen. Auf einigen stehen verschachtelte Gebäude in unterschiedlichen Größen. 

Was für ein fantastisches Bild! Ich fühle mich an das Miniatur-Wunderland in Hamburg erinnert.

 

Wir steuern das Größte der Klöster – The Great Meteoron Monastery – an und finden zu meinem Erstaunen trotz Wochenende direkt davor einen Parkplatz. 

Sind alle Touristen schon am Vormittag dagewesen?

Ohne anstehen zu müssen können wir die Stufen zum Kloster erklimmen und die heiligen Hallen besichtigen. Manche der Gebäude sind ursprünglich belassen worden, andere wunderschön restauriert. 

 

Der Kircheninnenraum gefällt mir am besten: Von oben bis unten ist er mit erdigen Farben bemalt und mit Gold verzierten Ikonen geschmückt, was eine besondere Stimmung in mir erzeugt. Eine ganze Weile sitzen wir andächtig da und lassen diese Eindrücke auf uns wirken.

Bevor wir nach rund 2 Stunden das Kloster verlassen, schauen wir uns im Ikonen-Shop um. Leider gibt es keine Darstellung von Nathanael oder dem Engel Rafael, aber wir finden ein schönes Mitbringsel für Tobias, so dass ich mich dennoch zufrieden auf den Rückweg machen kann.

 

Natürlich fahren wir auch die anderen Klöster noch an, aber wir begnügen uns dabei mit den Ansichten von außen. 

Dann geht wir Richtung Dorf, um nach den Felsenhäusern zu suchen. Wir werden sofort fündig und sind beeindruckt von der Nutzung der natürlichen Gegebenheiten durch den Menschen.

Rechtzeitig zum Abendessen quartieren wir uns auf einem Campingplatz mit Taverne und Pool ein, aber gerade als wir unsere Badesachen packen, fängt es an zu regnen...

Bevor wir nass werden können wir gerade noch unsere Nachbarn – die Österreicher vom Vortag – begrüßen.

 

Den Rest des Abends bleiben wir wegen anhaltenden Regens drinnen und lesen an der „Schule der magischen Tiere“ weiter, bis uns die Augen zufallen.