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TEIL III: 2. WOCHE – DEUTSCHLAND: PAUSE IM LAUF

29.04. - 05.05.2023

Auf der Suche nach Lösungen...

Ich erwache hochmotiviert und versuche mich an einer Morgenroutine: Auf meiner Shakti-Matte liegend meditiere ich 20 Minuten, mache auf der Straße neben Malte etwas Gymnastik und den Mobility-Flow und gehe dann mit Johannes im Schwimmteich seiner Eltern Eisbaden. Was für ein anregender Start in den Tag!

 

Im Anschluß an dieses Fitnessprogramm frühstücken wir und laden dann Johannes Möbel ein. In den nächsten Wochen wird er in einer Art Wohngemeinschaft in Schwabach leben und wir kommen gerade recht, um bei diesem kleinen Umzug helfen zu dürfen.

Während Johannes sein Zimmer einräumt, bastelt das Moggelchen einen Kartenkalender und ich versuche eine Werkstatt zu organisieren, die uns mit der Fehlermeldung hilft und TÜV abnimmt. Das gestaltet sich deutlich schwieriger, als gedacht: Von 7 Autohäusern ist nur ein einziges bereit, sich das Auto überhaupt im Lauf der nächsten 2 Wochen anzuschauen. 

 

Sollen wir nach Öhringen fahren und dort die Werkstatt von Opa Hans konsultieren? 

Oder ist es besser gleich nach Tübingen zurückzukehren und unseren Mechaniker um Unterstützung zu bitten?

Ich bin ratlos und frustriert!

Heute empfinde ich es als sehr anstrengend, mich selbst zu organisieren...

Mountainbiken...

Nach dem Mittagessen, bei dem wir weiter über unsere Optionen diskutieren, laden wir die Räder ab. Johannes zeigt uns auf einer kleinen Tour seine neue Arbeitsstätte, die sehr idyllisch auf dem Land gelegen ist. Auf der Rückfahrt nach Schwabach fahren wir sogar auf einer Mountainbikestrecke ein Stückchen Offroad durch den Wald – das ist eine neue Herausforderung für Moggels Fahrkünste, die er aber bravourös meistert.

 

In Schwabach geraten wir unerwartet in die Kirmes. Belustigt beobachten wir die Familien, die in Zuckerwatte, Kettenkarussell und Currywurst etwas Abwechslung zu ihrem Alltag suchen und fahren dann zurück zu Malte, um rechtzeitig für die Einladung zu Pizzaessen wieder in Großgründlach bei Johannes Eltern zu sein. 

 

Müde und gesättigt legen wir uns dann in den Alkoven und schlafen dementsprechend schnell ein.

Höhenglück - Steig...

Auch den Sonntag beginne ich mit Meditieren, Dehnen und Eisbaden. 

Da Johannes seinen ersten Arbeitstag vorbereiten möchte, entschließen wir uns zum Klettersteigen an den Höhenglücksteig in der Nähe von Hersbruck zu fahren. 

 

Mitten im Wald finden wir nach einem längeren Spaziergang vom Parkplatz aus den Felsen, an dem wir unsere Kenntnisse vom letzten Jahr auffrischen möchten. Zum Warmwerden durchlaufen wir mehrfach den Bambini-Parcour und wagen uns dann an die Strecke für Erwachsene. Der Fels ist nicht hoch, aber an einigen Stellen geht es dennoch senkrecht nach unten. Die Vorsprünge für einen sicheren Tritt sind teilweise so weit auseinander, dass der Moggelmann auf meine Oberschenkel stehen muss, um die Distanzen überwinden zu können.

Nach Kletterabschnitt I beenden wir dieses kleine Abenteuer.

Wir sind beide müde und die Route wird laut Beschreibung von Abschnitt zu Abschnitt anspruchsvoller. Diese Herausforderung wollen wir uns für einen weiteren Besuch in Franken aufheben!

Verlaufen...

Auf dem Rückweg durch den Wald folgen wir vertrauensselig zwei Familien, die auch beim Klettersteigen waren. Mir ist dabei nicht bewußt, dass es einen weiteren, auf der anderen Seite des Berges gelegenen Parkplatz gibt. Selbstredend landen wir also auf dem falschen und haben bis zu Malte entweder erneut den Wald zu durchqueren oder auf der Straße den ganzen Berg zu umrunden...

 

Ratlos stehen wir auf dem Parkplatz und ich fasse mir ein Herz: Hier sind so viele Personen mit Auto, da wird uns doch nach Schilderung unserer Situation bestimmt irgendjemand mitnehmen können und uns den mindestens einstündigen Marsch ersparen. 

 

Gleich der erste Versuch ist von Erfolg gekrönt! Ein Familienvater aus München hat Erbarmen und fährt uns mit seinem dicken BMW direkt zu unserem Parkplatz. Bis wir ankommen, sind alle anderen schon weg – aber immerhin: Wir sind wo wir hinwollten!

Ich bin sehr dankbar und stelle wieder und wieder fest, dass die aller-, allermeisten Menschen gut sind!

Auch wenn es bestimmt Ausnahmen gibt, kann und will ich an dieser Einschätzung festhalten...

... aber dennoch gut ans Ziel gekommen!

Zum Tagesabschluss fahren wir in die Fackelmann-Therme nach Hersbruck. Dort versorgen wir zuerst Malte und dann uns: Im warmen Salzwasser und in der Sauna lässt es sich herrlich entspannen. Selbst der Moggelmann traut sich heute in die Hitze und erlebt in der Birkensauna seinen ersten Aufguss.

 

Die letzte Nacht bei Johannes verbringen wir nochmals auf der Straße vor seinem Elternhaus - ohne Tanz in den Mai, aber mit Gesprächen bis tief in die Nacht.

Das schönste Notprogramm der Welt!

Für den 1. Mai haben wir eine Radtour in den 18 km entfernten Playmobil-Fun-Park in Zirndorf geplant. Bis kurz vor dem Eingang werden wir von Johannes begleitet und dann heißt es Abschied nehmen. Unser lieber Freund hat noch zu arbeiten, während wir uns ganz dem Vergnügen hingeben können. 

 

Im Lauf des Vormittags finden wir heraus, dass der Fun-Park einem großen Spielplatz mit Playmobil-Figuren gleicht. Die Themen und Angebote sind dabei ganz ähnlich wie die im Legoland: Polizeizentrale, Feuerwehrstation, Piratenschiff und Ritterburg sind ebenso wie Dinosaurier, Prinzessinnen und Feen die Kulissen für Bootsfahrten oder verschiedene Fahr- und Klettergeräte. 

Unser Plan ist, alle Angebote zu entdecken und dann die schönsten mehrfach zu nutzen.

Mir wird schon nach 30 Minuten langweilig, aber das Kind kann nicht genug bekommen. Selbst der aufkommende Regen hält ihn nicht davon ab, sich immer wieder in die Schlange zu stellen, um Tretboot und Kettcar zu fahren. Erst als es richtig schüttet, lässt er sich dazu erweichen den Indoor-Spielplatz aufzusuchen. 

 

In dieser Pause kaufen wir eine neue große Badetasche mit Playmobil-Aufdruck und verschiedene Postkarten. Wieder haben wir versprochen aus jedem Land, das wir besuchen, einen schriftlichen Gruß an unsere Daheimgebliebenen zu versenden. 

Und Bayern ist – da sind wir uns einig – eindeutig Ausland!

Einzug in der Werkstatt...

Im Nieselregen fahren wir mit dem Rad am späten Nachmittag zurück nach Großgründlach. Es ist eine feuchte und kalte Stunde, die wir mit warmen, trockenen Kleidern und einem heißen Tee zum Aufwärmen abschließen. 

 

Dann geht es weiter nach Lauf an der Pegnitz zur Peugeot-Werkstatt. Um 7.30 Uhr dürfen wir am nächsten Morgen dort mit Malte vorstellig werden und möchten auf keinen Fall zu spät sein. 

 

Ganz in der Nähe des Autohauses finden wir einen kostenlosen Stellplatz mit Strom, den ich nach Moggels Versorgung nutze, um bis nach Mitternacht neue T-Shirts für das Kind zu nähen. 

 

Insgesamt – so ist mein Resümee – haben wir die ungeplante Wendung unserer Reisepläne doch ganz gut für uns zu nutzen gewußt...

Warten...

Pünktlich um 7.30 Uhr stehen wir im Autohaus, um Malte abzugeben. Nach einigen Formalitäten beginnt unsere Wartezeit.

Als um 10.00 Uhr immer noch niemand Zeit für uns hat, frage ich nach und erwirke zumindest, dass uns jemand mit der bereits seit Stunden gepackten Badetasche zum Bahnhof fährt. 

 

Dort warten wir auf einen Zug nach Hersbruck, wo wir den Tag in der Therme verbringen möchten. Es kommt aber nichts! Kein Zug weit und breit! Auf Nachfrage erfahren wir, dass ein Stellwerk in Nürnberg kaputt gegangen zu sein scheint und sämtliche Züge entfallen. Eine Stunde später stehen wir noch immer an Gleis 2 und warten...

 

Schließlich rufe ich nochmals bei der Peugeot-Werkstatt an und bitte darum, dass uns jemand nach Hersbruck bringt. Freundlicherweise kommen uns die Mitarbeiter entgegen, so dass wir zur Mittagszeit endlich ins Wasser hüpfen können. 

Am Nachmittag dann erhalte ich einen Anruf, dass Malte heute nicht mehr auf der Agenda stehen wird.

Wir haben einen weiteren Tag verloren – eigentlich hätte ich doch am Sonntag schon in Prag sein wollen... Da unklar ist, wie lange die Diagnose und vor allem auch die Reparatur dauern wird, bin ich niedergeschlagen: Wenn wir Pech haben, kommen wir gar nicht mehr in die Tschechei!

 

Gegen 17.30 Uhr haben wir genug Wellness hinter uns. Ich möchte zurück nach Lauf und zurück in unser fahrendes Zuhause. 

Laufen wir nun 30 Minuten zum Zug, rufen wir nochmals im Autohaus an oder sollen wir einfach Trampen?

Ich beschließe die Methode vom Hohenglücksteig nochmals zu erproben und habe erneut Erfolg: Gleich die erste Dame, die ich anspreche, fährt in unsere Richtung und nimmt uns gerne mit.

 

Direkt an der Peugeot-Werkstatt können wir aussteigen...

Damit ich wenigstens irgendetwas Produktives mache, fahren wir nochmals auf den Laufer Stellplatz, wo ich zuschneiden und weiternähen kann. 

 

Ich bin frustriert! So kann das doch nicht weitergehen!

Angestrengtes Warten...

Wenigstens mit dem Aufstehen können wir uns am nächsten Morgen Zeit lassen, denn vor 10.00 Uhr – so wurde uns gesagt – kommen wir sicher nicht an die Reihe. 

 

Dann gibt es eine kleine Besprechung mit der Werkstattleitung, in der uns mitgeteilt wird, dass vermutlich die Sonde im AdBlue-Tank defekt ist. Statt einer Reparatur würde man in so einem Fall einen neuen Tank einbauen. Dieser könne zwar sofort bestellt werden, aber bis er vor Ort sei, könne bis zu einer Woche vergehen. Erst nach dieser Reparatur wäre wegen der bislang weiterhin bestehenden Fehlermeldung der TÜV abnehmbar. Mit viel Glück könnten wir aber auch am Freitagabend schon starten...

 

Ich bin am überlegen, ob ich den Meister nach dieser Botschaft umarmen und küssen oder doch lieber anschreien will: „Frühestens Freitagabend??? Holy Shit!“

Da alles nichts hilft, versuche ich gelassen zu bleiben. Zumindest äußerlich!

 

Ich montiere unsere Räder ab, packe etwas zu Essen und Trinken und vor allem den Geldbeutel in die Satteltasche und mache mich mit meinem überaus geduldigen Kind auf ins 20 km entfernte Nürnberg. Wir werden sicher etwas finden, um mein Gemüt aufzuhellen! Schließlich habe ich so eine goldene Karte in meinem Portemonnaie...

Versüsstes Warten...

In der Fußgängerzone angekommen steuern wir geradewegs auf Galeria Horten zu. In großen Lettern wird verkündet, dass diese Filiale geschlossen wird, was mein Schnäppchenjäger-Herz gleich schneller schlagen lässt. Hier finde ich Trost – ganz sicher!

 

2 volle Stunden wühlen wir uns durch die Spielzeug- und Unterwäscheabteilung und finden nichts, was uns wirklich gefällt. Schließlich kaufe ich für 7 Euro eine Unterhose – für die Psyche...

 

Beim Weiterbummeln finde ich einen weiteren Wäscheladen mit hübschen Angeboten. Die Verkäuferin erkennt sofort mit ihrem fachmännischen Blick meinen Zustand. Sie berät mich geduldig, wirft dabei mit Komplimenten nur so um sich und schafft es tatsächlich, mir für 250 Euro heiße Spitzendessous zu verkaufen. 

 

Jetzt halte ich durch bis Freitag! Ganz sicher!

Auf dem Weg zurück zum Autohaus gönnen wir uns noch ein schlumpffarbenes Eis mit Zungentattoo und einen Stop am Fahrradparcour, um eine Reihe coole BMX-Fahrer über die Hügel hüpfen zu sehen. 

 

Als ich nach dem Abendessen meine neu erstandenen Schätze ein weiteres Mal begutachten möchte, fällt mir auf, dass alle Wäschestücke noch mit dem Sicherheitsbutton versehen sind. Nicht mal shoppen krieg ich auf die Kette...

Jetzt müssen wir nochmal nach Nürnberg radeln!

Hoffnungsvolles warten...

Am Donnerstagvormittag geht es endlich vorwärts: Alle für den TÜV notwendigen Reparaturen – außer dem Wechsel des AdBlue-Tanks natürlich – werden in Angriff genommen. Mit einem mir nicht bekannten Trick schafft es der Werkstattleiter sogar die Fehlermeldung zu entfernen. 

 

Angeregt durch den Fortschritt am Auto widmen auch wir diesen Tag verschiedenen Instandhaltungsmaßnahmen. 

Während Malte untersucht wird, klappern wir alle Fahrradläden in Lauf an der Pegnitz ab, um schließlich im letzten einen neuen Bremsgriff für Moggelchens Rad zu erstehen. 

Dann ziehen wir – am frühen Nachmittag, als die Handwerker bereits fertig sind – die losen Schrauben an den Schranktüren in der Küchenzeile an. Und zu guter Letzt repariere ich unter größter Anstrengung die wackligen Regalböden in der Heckgarage. 

 

So kann der TÜV am Nachmittag bedenkenlos kommen!

Sinnvoll genutztes Warten...

Mit neuer Plakette ausgerüstet fahren wir am Abend noch zu Obi, um den Reparaturtag auf die Spitze zu treiben. 

Wir kaufen eine dünne Holzplatte, türkise Klebefolie, einen Spiegel, Glaskleber und verschiedene kleine Schrauben. 

Schon lange ist der Spiegelschrank im Bad ohne Türe und natürlich auch ohne Spiegel. Diesen untragbaren Zustand werde ich noch heute beenden! Schließlich will ich mich in meiner neuen Unterwäsche nun auch sehen können!

 

Beim Dönerbuden-Mann vor dem Baumarkt kaufen wir unser Abendessen und weil wir so glücklich aussehen, bekommen wir sogar noch eine Flasche Fanta geschenkt. 

Ja, es geht aufwärts! Tschechien – wir kommen! Ein Datum dafür habe ich ja nicht genannt!

 

Wie schon letzte Nacht übernachten wir auch heute auf dem Gelände des Peugeot-Händlers. Kurze Wege und so....

Lohnenswertes Warten...

Der Freitag beginnt mit guten Nachrichten: Der AdBlue-Tank wird heute um die Mittagszeit geliefert und kann bis zum Abend eingebaut werden. 

 

Juhu! Tschechien – wir kommen! 

Im Lauf der nächsten Tage!

Mit dem Fahrrad flitzen wir nach diesen Neuigkeiten zum Fahrradparcour und dann weiter in den Wäscheladen zum Entfernen der schwarzen Pinöpel. Fast kommt das Gefühl in mir auf, gar nicht mehr alles erledigen zu können, was noch ansteht in der kurzen Zeit, die uns in Bayern nun noch bleibt.

 

Wie schnell sich die Gefühle um 180° Grad drehen können...

 

Doch wir sind fix – 30 Minuten vor der Werkstattschließung kommen wir wieder in Lauf an und erhalten von einem sichtlich erleichterten Werkstattleiter unsere Autoschlüssel. 

 

Geschafft! 

Eine Woche Nürnberg und Umgebung liegt hinter uns!

Aus der Not das Beste machen...

Schnell laden wir die Räder auf und fahren dann ein drittes Mal in die fränkische Metropole. 

 

Dort holen wir einen völlig übermüdeten Christoph für einen Spontanbesuch übers Wochenende vom Bahnhof ab. 

Nach einigen harten Arbeitswochen hat er etwas Entspannung verdient und wer könnte – nach 7 Tagen geduldigen Ausharrens – mit mehr Gelassenheit aufwarten als wir? 

 

Nach einem Update über die Erlebnisse in den letzten Tagen und Abendessen auf dem Aldi-Parkplatz, fahren wir für die Nacht ans steinerne Meer - äh, nein - zum Hohenglücksteig. So müssen wir für einen erholsamen Waldspaziergang am nächsten Morgen nur noch aus dem Bett herauspurzeln...