· 

TEIL III: 1. WOCHE – DEUTSCHLAND: WARNLICHTER LEUCHTEN AUF

27.04. - 28.04.2023

Grosse Tour - Klappe die dritte

Ich kann es noch gar nicht glauben, dass wir einen weiteren Sommer Zeit haben, um die Welt zu erkunden. 

Banger als sonst steige ich mit dem Moggel in das wahllos vollgestopfte Auto und verabschiede mich von Tobias. 

 

„Banger“ ist stark untertrieben, denn ich habe tatsächlich Angst. Angst vor dem, was jetzt kommt, denn erstens erhalte ich dieses Mal kein Gehalt während meiner Auszeit und zweitens ist mir ganz klar, dass ich nicht mehr in mein altes Leben zurückkehren werde. 

 

Weder in das vor dem ersten Reise-Abschnitt, noch in das der letzten Monate. 

Wenn ich im September zurückkehre, dann entweder in eine völlig gewandelte Beziehung oder in eine Wohnung, in der ich von da an als Alleinerziehende mit Kind leben werde. 

 

Ich bin traurig über die zweite Aussicht, die mir viel wahrscheinlicher erscheint, als die erste. Aber anders kann ich nicht mehr. 

So sehr ich mit dem Verstand und für mein Kind gerne würde: Es geht nicht mehr!

Den dicken Kloß im Hals und die aufsteigenden Tränen schlucke ich – wie schon so oft – hinunter. 

Kaum haben wir Tübingen verlassen macht sich ein kleines bisschen Befreiung in meiner Brust breit: Die nächsten 4,5 Monate zumindest werde ich Frieden um mich haben. 

Das ist doch mal ein Anfang!

Bitte AdBlue nachfüllen...

Als wir die Aichtalbrücke queren leuchtet ein mir unbekanntes gelbes Signal in den Armaturen auf. „Das heißt nichts Gutes!“, schwant mir. Auf dem nächsten Parkplatz halte ich an und schlage nach: Irgendetwas scheint mit dem AdBlue-Tank nicht zu stimmen. 

An AdBlue selbst kann es nicht fehlen, denn ich habe erst vor zwei Wochen knappe 10 Liter nachgefüllt. 

 

Nach einem Telefonat mit Tobias nutze ich den eingeplanten Besuch zur Verabschiedung meiner Kolleginnen und Kollegen im Büro auch für einen Stop an der Tankstelle. Ich kaufe einen weiteren Kanister dieser sonderbaren Flüssigkeit und fülle nach.

Nun müsste das gelbe Warnlicht doch ausgehen, oder nicht?

Weit gefehlt: Auf den wenigen Metern zwischen Büro und der Kaltentalerstraße, wo wir Jochen noch einen frischen Hefezopf und Quittengelee vorbeibringen, leuchtet es erneut auf. Auch Christoph, der zu uns stößt und uns noch auf ein Abschiedseis ausführt, hat keinen Rat.

 

Wir fahren daher weiter zu Oma Hanne und Opa Hans. 

Wenn keiner mehr weiterweiß, dann ist man bei den beiden in den besten Händen. 

 

Nach einem leckeren gemeinsamen Abendessen beschließen wir die Situation einfach zu beobachten und gegebenenfalls in Nürnberg, wo wir als nächstes bei Johannes, den wir vor rund einem Jahr auf dem Jakobsweg kennengelernt haben, halten eine Werkstatt aufzusuchen. 

Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von unseren zwei Herzensmenschen in Öhringen, inständig hoffend, dass wir die beiden genauso putzmunter wiedersehen, wenn wir im September zurückkehren. 

Alte Pilgerfreunde...

Im Regen, ja fast mit Winterwetter, und mit jeder Menge Verkehr fahren wir auf der schönen A6 nach Großgründlach. Die 2,5 Stunden Fahrt verbringen wir mit Musik und Hörspiele hören und mit dem Vortrag eines Geburtstagsständchens für Tante Claudi. 

 Bei Johannes werden wir herzlich aufgenommen. Der Mittagstisch ist schon gedeckt und wir können gleich mit ihm, seiner Mutter und deren Mutter Platz nehmen und essen. Es gibt Spaghetti und Salat – ein Volltreffer für mich und den Moggel...

 

Dann zeigt uns unser Pilgerfreund sein Heim und seine Heimat: Alles ist aufgeräumt und blitzeblank, der Garten bis in den letzten Winkel gepflegt. Der perfekt organisierte Nutzgarten begeistert mich ebenso, wie der große Schwimmteich. Mir wird klar, warum Johannes der Abschied von hier schwergefallen sein muss. 

Was für ein Tausch mit einem Jahr Jakobsweg das war... 

Während Johannes noch ein paar Dinge zu erledigen hat, räume ich Malte um. 

Vieles habe ich umsonst eingepackt und einige Sachen blieben vergessen. Zum Glück werde ich in zwei Wochen einen kurzen Zwischenstop in Tübingen einlegen, wo ich Unnützes aus- und Nützliches einladen kann.

Unknown Error...

Am frühen Abend können wir mit Johannes in der Werkstatt seines Freundes aufschlagen.

Meine Hoffnung ist, dass man die Fehlermeldung vielleicht einfach auslesen und löschen kann. Leider geht das aber nicht. 

Viel schlimmer: Wir stellen zusätzlich noch fest, dass Malte seit Januar keinen TÜV mehr hat. 

Die Wartung der Fahrzeuge gehört eigentlich zum Aufgabengebiet von Tobias...

Das heißt, dass wir am morgigen Samstag versuchen müssen, eine Werkstatt aufzutreiben, die den Fehler beheben und das Wohnmobil TÜV-bereit machen kann. Das fängt ja alles spitzenmäßig an! Genauso habe ich es mir vorgestellt!

 

Auch hier hat Johannes Connections: Ein weiterer Freund, der beim TÜV arbeitet, wird eingeschaltet. Wir beraten telefonisch, was die Ursache der Fehlermeldung sein könnte und wer mir helfen kann.

Frank ist ein echter Engel: Mit einer Liste an zuverlässigen Werkstätten gehe ich aus dem Telefonat. 

 

Zum Abendessen wünscht sich der Moggelmann für Johannes Milchreis a la Nathanael. 

Ein echter Liebesbeweis für ganz besondere Freunde! Das machen wir natürlich!

Und weil die Zeit mit Johannes so schön war, gibt es sogar Heidelbeeren mit Kirschen oben drauf...