TEIL II: 5. WOCHE – PORTUGAL: MEINE BSILF

27.03. - 02.04.2022

Farmlife...

Den Sonntag beginnen wir langsam mit ein paar Seiten Lektüre und Benjamin Blümchen. Im gemeinsamen Salon der Farm – dem bislang einzig beheizbaren Raum des Anwesens – frühstücken wir dann mit Max und Lena und leiser Lounge-Musik. Es fühlt sich an, wie in einem Arthouse-Film. 

 

Auch der Rest des Tages tröpfelt ganz entspannt vor sich hin. Wir spielen Frisbee, Federball, Fußball und gehen eine kleine Runde unfreiwillig mit den Hunden spazieren, denn sie lassen sich partout nicht nach Hause schicken...

Unterwegs spinnen wir an der Idee herum, einen Foodtruck zu kaufen und ausländische Leckereien anzubieten. Ich bin sofort Feuer und Flamme!

An Ideen mangelt es mir nicht...

Als spätes Mittagessen versuchen wir uns an einem Thai-Curry und Reis aus dem Thermomix. Schließlich haben wir hier das erste Mal seit unserer Abreise Strom und wollen das auch nutzen; leider braucht es aber mehrere Anläufe, bis der Reis gelingt. Tante Claudi - meine BSILF (Best Schwägerin im Leben forever) - und ich sind den Luxus einer Küchenmaschine anscheinend schon nicht mehr gewöhnt! Wie schnell man vergisst, was man nicht wirklich braucht...

 

Dem Reiz des Picknicks im Olivenhain tut das ohnehin keinen Abbruch: Die Sonne scheint uns auf die Rücken und die prall gefüllten Bäuche, wir unterhalten uns blendend und ab und an bewegen wir uns für ein Spiel mit dem Moggelchen.

 

Bevor es Zeit wird, ins Bett zu gehen, besuchen wir noch die Schafe. 1, 2, 3 ... ein Joghurt mit Apfelmuss, Honig und Nüssen ... 4, 5, 6 ... der kleine Bub schläft schnell selig ein.

Bis wir uns wiedersehen...

Auch der Montag startet ganz ruhig. Da Max und Lena arbeiten müssen, frühstücken wir in Ruhe, ziehen uns an und spielen dann ein wenig im Freien. 

Am späten Vormittag besuchen wir die zwei dann auf ihrer Baustelle: Da in zwei Tagen neue Hühner kommen sollen, muss die Freilauffläche für die Tiere vergrößert werden. Max und Lena bauen daher einen großen Zaun. Die Pfosten sind schon einbetoniert, aber das Gitter muss noch befestigt werden. Mit zahlreichen (besserwisserischen) Tips stehen wir den beiden zur Seite. 

 

Als die Arbeitszeit um 13.00 Uhr beendet ist, haben wir schon geröstete Maultaschen und Salat vorbereitet. Nach der mehr als einjährigen Maultaschen-Abstinenz der beiden opfere ich meine tiefgefrorenen Vorräte gerne... Schließlich ist es auch eine Freude zu sehen, wie es anderen schmeckt! 

Weitere Verluste...

Völlig entspannt trudeln wir dann in Coimbra ein, bis ich feststelle, dass wir irgendwo unterwegs eine der Radhalterungen für unseren Jogger verloren haben. Sofort bin ich nicht mehr entspannt, denn das bedeutet für das Kindchen entweder alles selbst laufen zu müssen oder für mich fortan immer das Fahrrad mitnehmen zu müssen...

 

Um ein Ersatzteil zu besorgen, hänge ich mich gleich ans Telefon und telefoniere mit Thule Portugal und danach mit den von ihnen genannten Niederlassungen in Coimbra und Lissabon. Leider müsste von beiden Filialen ein komplett neues Jogger-Set bestellt werden und die Lieferzeit kann nicht genau vorhergesagt werden.

Ich beschließe daher, mit dem nächsten Besuch aus Deutschland Second-hand-Ersatz einfliegen zu lassen. Das ist zuverlässiger, fast genauso schnell und um einiges günstiger!

Aufgrund der aktuellen Situation fahren wir nach Klärung des Problems zu dritt mit Rad und Hänger in die Stadt. Tante Claudi passt – zusammen mit einem Kissen – gut auf den Gepäckträger. Ehrlich gesagt, wiegt sie kaum mehr, als meine gefüllte Handtasche und es ist wahrlich nicht weit bis ins Zentrum.

 

In der Innenstadt bummeln wir durch die Fußgängerzone und kaufen zuallererst ein Geschenk für Oma Hanne, die morgen ihren 75. Geburtstag feiert. Das eigentliche Präsent gab es schon vor unserer Abreise, aber eine Kleinigkeit aus Portugal, die Tante Claudi dann noch diese Woche bei ihr vorbeibringen kann, wird vermutlich nicht schaden... 

Da die liebe Oma keine Süßigkeiten mag – hoffentlich erreiche ich diesen Zustand auch irgendwann einmal – gibt es eben Fisch in einer hochwertigen Dose. 

Zum Abschluß unserer Bummelei besuchen wir den botanischen Garten, der im oberen Teil der hügeligen Stadt liegt. Leider schließt er im Winter bereits um 17.30 Uhr, so dass wir nur ein sehr kurzes Stück Weg zurücklegen können, bevor wir wieder vor die Tore der Grünanlage verwiesen werden. Aber irgendetwas müssen wir uns ja schließlich für einen zweiten Besuch in Portugal aufsparen...

 

Krönender Tagesabschluß ist für mich neben dem Kauf von Ohrringen für mich, einer duftenden Seife für Oma Hanne (für nach dem Fisch) und bunten Schokomandeln für Opa Hans, ein weiterer Besuch eines Fado-Konzerts.

 

Dieses Mal steht der Fado Coimbras im Mittelpunkt: Die für die Stadt typische Gitarre ist viel deutlicher zu hören, es singen ausschließlich Männer und die Texte sind studentischer. Tante Claudi gefällt dieser Vortrag noch besser als der in Porto. Ich kann mich gar nicht für eines von beiden entscheiden, denn die Abende waren so unterschiedlich, dass ich sie kaum miteinander vergleichen kann.

Ich habe beide genossen. Und würde auch noch weitere genießen!

Fossilien...

Wieder finden wir für die Nacht – in Pataias – ein wundervolles, einsames Plätzchen am Meer. Wir schlafen so gut, dass ich fast das Weckerklingeln verpasse, das uns an Moggelchens Logopädie-Zoom-Sitzung erinnert. Da der Empfang am Strand schlecht ist, fahren wir extra ins Dorf hoch, aber auch dort erhalten wir keine Rückmeldung auf unsere Anfrage dem Meeting beitreten zu dürfen. 

 

Was ist bloß falsch? Ich überprüfe die Nummern, starte zur Kontrolle selbst ein Meeting, erhöhe das Datenvolumen – kein Erfolg. 

Nach 45 Minuten geben wir auf und fahren zurück an den Strand. 

 

Erst lassen wir unsere zwei Drachen steigen – so lange, bis es nur noch einer ist – und dann spazieren wir als einzige Besucher an diesem wundervollen Stückchen Küste entlang. Dabei finden wir jede Menge versteinerte Muscheln im Schiefergestein und fragen uns, wie alt diese Versteinerungen wohl sein mögen. 

 

Immer wieder für einen Schmunzler sorgt bei derartigen Gesprächen das Zeitgefühl vom Moggelmann: „Mama, sind die Muscheln älter als Du? Und älter als der Papa?“ 

Da im Reiseführer von über 30 Meter hohen Wellen in Nazare berichtet wird, möchte ich auf dem Weg zu unserem Überraschungsprogrammpunkt für Tante Claudi dort vorbeifahren. 

Die engen Gässchen vom Parkplatz bis zur Dorfmitte sind bezaubernd und bieten beeindruckende Aussicht auf den neueren, unteren Teil der Stadt und das Meer. 

 

Aber 30 Meter hohe Wellen haben wir nicht gesehen. Nicht mal 20 oder 10 Meter hohe Wellen. Ich würde so weit gehen und sagen, dass wir nicht einmal 5 Meter hohe Wellen gesehen haben. Aber sei´s drum – wir haben es zumindest versucht!

Und: Jede Menge cooles Surfer-Feeling kam trotzdem bei uns an. Nicht zuletzt beim Burger essen an der hippen Streetfood-Meile...

Shopping-Queen...

Mir ist wichtig, dass wir an unserem letzten gemeinsamen Nachmittag noch etwas machen, was Tante Claudi vom Hocker haut. Bei diesem Besuch waren unsere Wunschzettel ja deutlich kürzer, als die gemeinsame Zeit, so dass durchaus Luft für Besonderheiten ist. 

Deshalb fahren wir rund 20 km ins Landesinnere zu einem Fabrikverkauf für Keramikwaren. Je näher wir kommen, umso abenteuerlicher wird die Fahrt und am Ende führt uns das Navigationsgerät von Malte auf einer unbefestigten Straße durch einen Wald. Wo wir da wohl landen? 

 

Ich fürchte einen Flop: 

Hässliche Schalen mit bunter Malerei etwa oder Aschenbecher mit Azulejos-Muster... 

Das Fabriktor ist – als wir ankommen – verschlossen und der Verkaufsraum unbeleuchtet. Aber laut Reiseführer und Internet müsste offen sein... 

Hm, die Spannung steigt!

Als uns geöffnet wird, sind wir beide von den Socken. Wow! Wie schön! 

 

Ich kann von Regal zu Regal streifen und in jedem etwas finden, was sofort in meinen Hausstand übergehen könnte (link einfügen). Wo ist der LKW, der all diese Schätze nach Tübingen transportiert? 

 

Völlig unerwartet kauft Tante Claudi ein kleines Kaffee-Service und ich nehme gleich ein großes Service zum Mittag- oder Abendessen. Wir haben zwar kein Platz mehr in Malte, aber egal: Ins Bett passt noch ein Karton... 

 

In der Nacht auf Donnerstag schlafe ich nicht gut. 

Erstens, weil ich hoffe, dass wir am Morgen Tante Claudi pünktlich zum Flughafen bringen können,

zweitens, weil wir kein Wasser mehr aus unseren Hähnen bekommen, obwohl der Tank voll ist, und 

drittens, weil wir auf unserem Parkplatz in Sao Joao das Lampas von Regen und Wind so durchgeschüttelt werden wie ein Mix-Cocktail beim Barkeeper. Immer wieder träume ich davon, dass ich vergessen habe, die Handbremse zu ziehen und wir deshalb mit Malte von den Klippen stürzen...

Wenigstens verschlafe ich so nicht!

Lisboa...

Je näher wir Lissabon kommen, desto unwohler wird mir. Tante Claudi fehlt mir schon, bevor sie uns überhaupt verlassen hat. Außerdem ist die Stadt so riesig, dass mir schon in den Vororten die Lust darauf vergeht, sie zu erkunden. Wo immer man hinsieht: Häuser, Häuser, Häuser und Autos, Autos, Autos. Kreisverkehre mit vier Spuren sind hier vollkommen normal...

 

Zum Glück finden wir ohne größere Schwierigkeiten den Flughafen und können unsere Lieblingstante wehen Herzens verabschieden. Dann fahren wir zu einer Caravan-Werkstatt, die ich über einen deutschen Blog gefunden habe, um nach der Wasserpumpe schauen zu lassen. Dort werden wir auf 14.00 Uhr wieder einbestellt. 

 

Während der Fahrt zum nächstliegenden Waschsalon, den wir während unserer Wartezeit auf den Werkstatttermin nutzen möchten, kippt mir leider der Tee aus, so dass ich erst Malte trockenlegen muss, bevor ich unsere Wäsche machen kann. Dann aber füllen wir die größte der vorhandenen Waschmaschine mit unseren Sachen und harren im Anschluss vor dem Trockner der Dinge.

Pünktlich erscheinen wir das zweite Mal vor der Werkstatt und dürfen Malte nun auch vorfahren. Zwei Stunden verbringen wir mit kleinen Spaziergängen um den Block. Dabei pflücken wir für uns und die Dame im Büro der Werkstatt einen kleinen Blumenstrauß, was am Ende der Reparatur aber leider auch keinen Preisnachlass bringt. Wir zahlen 4,95 Euro für das Ersatzteil und 100 Euro für den Einbau. Aber: Aus allen Wasserhähnen fließt es nun wieder wie gewünscht und ich selbst hätte für die Reparatur ja weder die entsprechende Kenntnis noch das nötige Werkzeug gehabt. Ganz nebenbei haben mir die beiden Herren auch noch den Schließmechanismus der Heckgaragentüre repariert... Ich kann mich also nicht beschweren!

 

Kaum sind wir aus der Werkstatt gefahren, steht schon der nächste Termin an: Das Moggelchen hat seine – zum Glück letzte – Logopädie-Sitzung, die wir seit Reisebeginn ein Mal wöchentlich per Zoom abhalten. Auf einem Parkplatz neben der Cristo del Rei Statue finden wir ein wenig Ruhe für die Zungenübungen unter Anleitung von Vera aus Tübingen. 

Zum Tagesabschluss drehen wir dann eine Runde um die Statue und verweilen ein wenig in der dazugehörigen Kapelle. Ein verrückter Tag liegt hinter uns! Immer noch verspüre ich keine Lust Lissabon kennenzulernen, aber ich bin mir nicht sicher, ob sich das über Nacht nicht ändert. Vorsichtshalber beschließe ich daher die Stadt noch nicht zu verlassen, sondern zumindest bis morgen früh zu bleiben. 

 

Etwas außerhalb finden wir einen sicheren Parkplatz für Camper, den wir uns mit vielen Deutschen und einigen Portugiesen teilen. Ich schlafe wie ein Stein und bin am Morgen voller Energie.

Ganz in der Nähe unseres Übernachtungsplatzes finden wir am Morgen einen Sportplatz, auf dem wir den ganzen Vormittag verbringen. Ich starte nach reiflichen Überlegungen mit einem 10 Wochen-Online-Sportprogramm und das Moggelchen nutzt währenddessen die Fitnessgeräte zum Schaukeln. Dann beobachten wir zusammen das Boxtraining eines jungen Mädchens und die Gymnastikstunde eines älteren Herrn. Zum Abschluss unseres entspannten Vormittags telefoniere ich mit Opa Hans, der mir Lissabon doch noch schmackhaft macht – obwohl er selbst noch nie dort war.

 

Wir fahren daher nach dem Duschen wieder Richtung Zentrum und finden in Almada für 1,20 Euro einen Parkplatz direkt über dem Fährhafen. Mit Fahrrad und Hänger nehmen wir dann die Fähre auf die andere Seite des Flusses ins Zentrum der Hauptstadt. Dort angekommen zieht es uns Richtung Belem, denn ich möchte ein im Reiseführer beschriebenes, von Künstlern und Bars betriebenes altes Fabrikgelände besuchen. Es gefällt uns sofort auf diesem Gelände und wir beschließen, uns dort ein Mittagessen zu gönnen. 

Danach habe ich eine Free Walking Tour in Deutsch gebucht – schließlich möchte das Kind ja auch mal was verstehen! Ursprünglich war sie für die ganze Stadt ausgeschrieben, aber da wir die einzigen Teilnehmer sind, bittet der Guide darum, die Führung räumlich auf das Stadtviertel Belem und zeitlich auf 1,5 Stunden zu beschränken. Mir ist das relativ egal, denn ich kenne ja noch gar nichts von Lissabon und habe mich auch nicht im Vorhinein belesen, so dass mich irgendetwas ganz besonders interessieren würde... also sage ich zu diesen Bedingungen ohne Zögern zu. 

 

Trotz deutscher Konversation bleibt bei mir allerdings nur wenig von der Tour hängen; der Tourguide ist eine derart schillernde Person, dass ich mir nicht sicher bin, ob auch nur irgendeine seiner Informationen wahr ist. Rein äußerlich hätte ich ihn eher dem Milieu der Obdachlosen und Drogenabhängigen, als dem der Intellektuellen zugeordnet. Lecker war allerdings seine Empfehlung „Pasteis de Belem“ zu probieren – die Schlange vor dem Laden war mir sogar ein Photo wert.

Auf dem Rückweg nehme ich eine leicht andere Strecke zum Hafen, als auf dem Hinweg. Hier begegnen wir noch mehr der Armut, als auf dem Hinweg. In fast allen bislang besuchten Großstädten haben mich derartige Bilder sehr berührt. Was bringt diese Menschen dazu, so zu leben, wie sie es tun? Auf der Straße? Unter Drogen?

Ich möchte diese Frage sehr offen stellen und offen sein für alle Antworten, die ich dazu finde.

 

Die Antwort des portugiesischen Stadtführers, dem ich von diesen Eindrücken berichte, ist ernüchternd: „Corruption is worse!“.

Manche Schwierigkeiten sind von außen sichtbar. Andere bleiben verdeckt.

Auf der Rückfahrt mit der Fähre bin ich froh, dass wir Lissabon nun verlassen. Da wir in den Feierabendverkehr geraten ist die Fähre sehr voll und das Rad hat mit Hänger keinen Platz. Wir bauen unser langes Gefährt auseinander und quetschen uns gerade noch zu den vielen Menschen ins Schiff. Auf der anderen Seite des Flusses steigen wir als letzte aus, bauen unseren fahrbaren Untersatz wieder zusammen und stehen dann vor fast verschlossenen Toren. Das Moggelchen kann gerade noch hindurchschlüpfen, aber ich komme mit Rad und Hänger nicht mehr durch. Mir scheint, wir waren im Vergleich zu den anderen Passagieren einfach zu langsam...

 

Nachdem ich mich bemerkbar gemacht habe, holen zwei freundliche Männer aus der Kneipe direkt neben dem Tor einen Hafenmitarbeiter, der per Fernbedienung auch für mich den Durchgang möglich macht. „Obrigada!“

Das Kindchen ist aufgrund meines Eingeschlossenseins völlig aus dem Häuschen. Vor lauter Aufregung läuft es mit Wucht gegen den nächsten Laternenpfahl. 

Autsch! Das gibt Tränen und eine fette Beule an die Stirn! Es wird Zeit für etwas mehr Ruhe...

Froh – Nicht-froh – Froh – Nicht-froh...

Bevor es dunkel wird, erreichen wir Sesimbra, unsere nächste Station. 

Auf einem kleinen Parkplatz direkt unterhalb der Burg finde ich ein einigermaßen ebenes, wenngleich durch die Straße recht lautes Plätzchen. Es muss nur noch für ein Abendessen und ein wenig Recherche für das morgige Programm reichen! Oropax tut dann das seinige...

 

Sesimbra, so habe ich im Reiseführer gelesen, ist Portugals Platz der Plätze, um im freien Wildmeer Delphine zu sichten. Nach den bisherigen Enttäuschungen mit Tierbeobachtung im Wasser möchte ich aber auf Nummer sicher gehen und vor dem Buchen mit einem Ortskundigen telefonieren: Wie stehen die Chancen in dieser Jahreszeit und beim aktuellen Wetter die grauen Säuger zu sehen? 

 

Ich erreiche – nachvollziehbarerweise – niemanden mehr und beschließe, gleich morgen früh zu telefonieren und gegebenenfalls auf gut Glück zum Hafen zu fahren. Dann ist auch für mich Schlafenszeit.

Noch vor dem Frühstück greife ich zum Hörer und habe Glück. Mir wird versichert, dass die Chancen äußerst gut sind, aber dennoch am heutigen Tag kein Boot mehr auf besagte „Delphin-Tour“ ginge. Erst nächste Woche wieder...

 

Da bin ich aber froh, dass ich mir den ganzen Online-Buchungs-Stress erspart habe!

 

Wir machen uns in aller Ruhe fertig und spazieren dann hinauf zur Burg. Oben angekommen lustwandeln wir durch den schönen, in allen Farben blühenden Garten und erreichen dann die Kirche xxx. Sie ist innen komplett mit blauen Fließen, den sogenannten Azulejos, geschmückt. 

Einen derartigen Kirchenschmuck habe ich noch nie gesehen: Ist aber auf seine Weise auch ganz hübsch...

 

Da bin ich aber froh, dass wir kein Ticket mehr für eine Delphin-Tour bekommen haben!

Kaum verlassen wir die Kirche, fällt mir auf, dass direkt davor der perfekte Parkplatz für die Nacht gewesen wäre. Eben und abgeschieden! Mit toller Aussicht und unter Gottes Aufsicht!

 

Da bin ich aber nicht froh, dass ich da nicht früher draufgekommen bin: Direkt bei der Burg nach einem Übernachtungsplatz zu suchen!

 

Nach einigen Minuten innerlichem Grummeln laufen wir über den Friedhof zurück und erklettern für den Blick aufs Meer die lange Burgmauer. Was sehen meine kleinen Äuglein da im Hafen fahren? Ganz offensichtlich ein Touristenboot auf seinem Weg zum Delphin-Watching...

 

Da bin ich aber gar nicht froh, dass ich dem Blödi am Telefon heute Morgen mehr geglaubt habe, als dem Impuls, einfach auf eigene Faust zum Hafen zu fahren! 

Nein, gar nicht froh!!! Gar nicht!!!!!!

Nach längerem, lautem Grummeln beschließe ich daher, dann jetzt zum Hafen zu fahren. Vielleicht gibt es ja am Nachmittag noch eine Tour. 

 

Wir klappern alle Anbieter direkt im Hafen ab, aber die einzige Möglichkeit wäre der Vormittag gewesen. 

 

Ich bin nicht froh! Nein, ich bin definitiv NICHT froh!!!

 

Nach einigem hin und her finden wir schließlich einen Anbieter, der am Sonntagmorgen aufs Meer hinausfährt und uns mitnehmen würde. Ich sage schnell zu. Und aus lauter Frust miete ich beim gleichen Anbieter für sofort ein Kajak. Wenn wir schon nicht mit dem Boot aufs Meer können, dann wenigstens mit dem Kajak...

Gemeinsam paddeln wir durch den relativ ruhigen Hafen hinaus aufs offene Meer. Außerhalb der geschützten Kais ist der Wellengang heftig und das Moggelchen ist schnell erschöpft. Ich dagegen kämpfe mich durch und bringe uns an beeindruckenden Felswänden vorbei zu einem wunderschönen Strand, wo wir ein kleines Picknick machen. 

 

Jetzt bin ich aber doch noch froh, dass wir auch ohne Delfine einen schönen gemeinsamen Mittag haben!

 

Zurück im Hafen von Sesimbra bemerken wir, dass der Tag noch lang ist und einer weiteren Aktivität nichts im Wege steht. So beschließen wir, zum Kap Erchipel zu fahren. Dort wurden 2021 mehrere hundert Dinosaurier-Fußabdrücke in den Felsen entdeckt und die möchte mein kleiner Dinosaurier-Experte doch gerne mit eigenen Augen sehen. 

Ich bin beeindruckt. 

Und total froh, dass wir diese kurze Fahrt und die Wanderung zu den Klippen noch auf uns genommen haben! 

 

Noch nie vorher hatte ich tatsächlich das Gefühl auf einem Stückchen Grund zu stehen, auf dem vor vielen, vielen, vielen Jahren – wieviel ist viel für einen Fünfjährigen? – auch Dinosaurier gelaufen sind. 

 

Nach einem abendlichen Picknick unterhalb des Leuchtturms beobachten wir bei einem schlaffördernden Spaziergang den Sonnenuntergang und fallen dann direkt am Kap Erchipel – mit einem italienischen Wohnmobil-Nachbarn – ins Bett. 

 

Auch da bin ich froh: Ein derart romantisches und doch ruhiges Fleckchen hatten wir schon lange nicht mehr für die Nacht! 

So was von froh bin ich! Ja, echt, froh...