10. - 16.10.2021
Es klappert die Mühle am rauschenden Bach...
Auf Nachfrage bei Tobias Seminarleiter Han Shan dürfen auch wir bei der Wanderung teilnehmen, die am Sonntagvormittag für die Seminarteilnehmer auf dem Programm steht. Ich freue mich sehr über diese Offenheit, denn ich bin natürlich neugierig, was Tobias und die anderen in dieser Fortbildung lernen und erleben ...
Wir starten in Himmelberg und laufen circa 1,5 Stunden bergab zu einer sehr gepflegten und daher gut erhaltenen, über 300 Jahre alten, wasserbetriebenen Sägemühle. Dort erhalten wir eine Einführung in das fast schon vergessene Handwerk des Sägemüllers, dem übrigens auch mein Urgroßvater mütterlicherseits mit einem eigenen Sägewerk an der Murr nachging. Bevor es die gleiche Strecke – nun aber natürlich bergauf – zurück zum Seminarcenter (https://www.unawa.world) geht, werden wir im liebevoll dekorierten Hof auf eine Tasse Tee mit selbstgebackenen Keksen eingeladen. Unterwegs findet – so vermute ich – der eigentliche Inhalt des Vormittags statt: Informeller Austausch zwischen den Teilnehmern, Netzwerken, Beziehungspflege.
Nach dem Mittagessen machen wir uns auf den Rückweg ins Hotel, während für die anderen noch eine letzte Runde Meditation unter der Anleitung von Han Shan ansteht. Bis das letzte gemeinsame Abendessen beginnt – das Moggelkindchen darf heute auf Wunsch lange aufbleiben und mit den Erwachsenen schmausen – , vertreiben wir uns die Zeit im Pool und in der Sauna. Wer weiß, wann wir beides wieder nutzen können? Ich versuche mich wie die Maus Frederick von Leo Lionni für die nahende Winterpause in Deutschland innerlich zu bevorraten ...
Das Luxusleben hat ein Ende...
Die Tage des Sich-Bedienen-Lassens sind vorbei: Wir packen am Vormittag unsere Sachen und ziehen zurück in die ausgekühlte und nutzlos auf dem Hotelparkplatz stehende Malte. Sie tut mir richtig leid! Vor lauter Einsamkeit und Vernachlässigung hat sie – in Form großer Wohnmobiltränen? – ihr ganzes Wasser abgelassen. Dringend braucht sie etwas Zuwendung ...
Bevor es losgeht, erstellen wir zu dritt unseren Reiseplan: Was sind unsere Wünsche, was empfiehlt der Slowenien-Reiseführer, den Tante Claudi uns dagelassen hat, und wie bringen wir dieses „Soll“ mit dem „Ist“ zusammen?
Als ich mich hinters Steuer setze, kommt das bekannte On-the-Road-Feeling wieder in mir auf. So schön der Luxus eines Hotels auch ist: Ich bin definitiv kein Hotelurlauber, sondern lieber abenteuerlich, frei und einfach unterwegs!
Unser erstes Ziel ist – nach einem kurzen Stop in Ljubljana – die bekannte, insgesamt 20 km lange Tropfsteinhöhle in Postojna (https://www.postojnska-jama.eu/de/hoehle-von-postojna/). Da man direkt vor der Höhle für 20 Euro mit Strom- und Wasseranschluss parken kann, können wir gleich für die Führung am Dienstag morgen die teuren Online-Tickets buchen.
Den zweiten gemeinsamen Urlaubsmorgen starten wir mit einem gemütlichen Frühstück. Fast auf die letzte Minute erreichen wir den Höhleneingang und treffen dort auf eine große deutsche Seniorengruppe aus Ulm, der wir uns anschließen können. Einen Audioguide können wir uns daher sparen – ich bin froh über unser Glück.
Mit einem kleinen Zug fahren wir 3,5 km ins Innere der Höhle, um dann in einem 1,5 km langen Spaziergang die schönsten der unzähligen hängenden Stalaktiten und nach oben ragenden Stalakmiten zu besichtigen. Die Formen und Farben der Steine in den riesigen Sälen sind beindruckend: Große, kleine, dicke, dünne, hauchzarte, spitze, runde, gräuliche, orangene, weiße, glitzernde ... Selbst dem Moggel gefällt, was er sieht.
Ganz am Ende der Führung können wir in einem dunklen Aquarium sogar einen Grottenolm sehen. Über 100 Jahre alt kann dieser blinde, bleiche Schwanzlurch werden.
Immer wieder frage ich mich, wie der Mensch angesichts der Wunderwerke der Natur glauben kann, sein kurzes, eingeschränktes Dasein wäre von Relevanz?
Am Nachmittag fahren wir nach Cerknica. Der Ort liegt am Cerknisko Polje, einem Feld, das von Höhlen und Gängen unterminiert ist, durch die beständig Wasser fließt. Periodisch steigt und versickert das Wasser durch dieses einer Kanalisation ähnliche System, so dass manchmal ein See zu sehen ist und manchmal nicht.
Wir möchten um den – aktuell nicht vorhandenen – See herumspazieren, finden aber nicht den entsprechenden Weg, so dass wir einfach querfeldein laufen und unsere eigenen, nassen Erfahrungen mit dem Cerknisko Polje machen. Tobias gefällt die Moorlandschaft, drei Rehe, die – von uns aufgescheucht – durch das Feld jagen, sowie ein bislang noch nicht genauer bestimmter Tierknochen fesseln die Aufmerksamkeit des Kindes und ich genieße die herbstlichen Farben von Wald und Wiesen ...
Die Nacht verbringen wir auf einem Parkplatz in Rakov Skocjan. In diesem Naturschutzgebiet fließt in einem wild-romantischen Tal – wieder teils unterirdisch, teils überirdisch – der Fluss Rak.
Besonders malerisch auf dem Naturlehrpfad rund um den Fluss sind zwei Natursteinbrücken, entstanden durch das Einstürzen des Höhlendaches über dem unterirdischen Fluss. Aber auch die großen Höhlen, die man am Rand des Pfades erkunden kann, haben ihren Reiz.
In einer vierstündigen Tour wandern wir durch den Wald und freuen uns intensiv an der Schöpfung Gottes und aneinander.
Zurück bei Malte sind wir alle platt: Die kühle Luft und die Bewegung im Freien haben uns erschöpft. Je eine Tasse Kaffee, Tee und heiße Milch mit Honig wärmen uns auf. Da die Heizung immer wieder muckt, kuscheln wir uns zum Erhalt der erreichten Temperatur in den Alkoven, hören Benjamin Blümchen und lesen.
Wir schälen uns nur noch für drei Dingen aus den warmen Federn:
- Entscheiden wir, wo es am nächsten Morgen weitergehen soll mit unserer Reise,
- Düsen wir in Kolonne an den Ort der Wahl – Kranj – und
- Essen wir dort vor dem Schlafengehen noch eine heiße Kürbiscremesuppe.
Der Fehler sitzt vor dem Gerät?
In der Nacht – warum passiert das immer, immer, immer mitten in der Nacht? – piepst der Kühlschrank und meldet, dass die Gasflasche gewechselt werden muss. Außen und innen ist es kalt und mir schwant, dass die Heizung wieder ausgesetzt hat... Nachdem ich nach dem Wechsel der Flasche sowieso nicht mehr einschlafen kann, beobachte ich, dass sich das Truma-Display circa alle 20 Minuten von allein ausschaltet und die Heizung nach Wiederinbetriebnahme des Displays weiterhin ausgeschalten bleibt. Wann immer ich in dieser Nacht aufwache, kann ich also die Heizung anschalten, um keine 30 Minuten später wieder zu frieren. Wir haben ein Problem. Und zwar ein ziemlich Unangenehmes ...
Am Morgen bemüht sich Tobias um eine Fehleranalyse: Er vermutet, dass das Display kaputt ist und wir ein neues brauchen. Das erklärt, warum ich trotz Einschalten des Wasserboilers in letzter Zeit einige Male kalt duschen musste ... ich hatte es natürlich immer auf einen Bedienungsfehler meinerseits geschoben!
Den Vormittag verbringen wir notgedrungen nicht mit der angedachten Wanderung auf den Krvavec, den wir von Maltes Seitenfenster aus – so meinen wir zumindest – sehen können, sondern mit Überlegungen und Telefonaten: Ich rufe bei der Truma-Service-Hotline, Schneider-Caravaning, Truma-Vertrieb Slowenien und verschiedenen Wohnmobilwerkstätten in Slowenien an...
Am frühen Nachmittag habe ich Glück und ergattere in Ljubljana einen Reparaturtermin für den Folgetag. Die Hoffnung wächst, dass wir schon morgen Abend in einem warmen Wohnmobil weiterziehen können in die julischen Alpen. Da die Zeit nun nicht mehr für eine große Wanderung reicht und das Kind heute auch keine Lust hat schon wieder zu laufen, verbringen wir ein paar ruhige Stunden mit Einkaufen, Spülen, Drohne fliegen, Kniffel spielen und Lego bauen.
Am späten Abend kann ich noch – da wir direkt vor dem Schwimmbad parken und Tobias das Kindlein ins Bett bringt – eine dreiviertel Stunde Bahnen ziehen. Den dafür eigentlich notwendigen Testnachweis kontrolliert niemand, auch die vorgeschriebenen Masken werden nicht getragen. Es ist immer wieder spannend ...
Aller guten Dinge sind drei...
Am Freitag fahren wir für den inzwischen dritten Besuch nach Ljubljana und ich nehme mir fest vor, dass wir es dieses Mal schaffen, an einer Stadtführung teilzunehmen. Das erste Mal fiel sie wegen Regen aus, das zweite Mal waren wir zu spät, aber heute, heute wird es doch hoffentlich klappen!
Erstes Ziel ist aber die Autowerkstatt, die sich des Heizungspanels annimmt. Wir werden schon erwartet und nach einer sehr freundlichen Begrüßung beginnt sogleich die Fehlersuche an Heizung und Panel. Als sich herausstellt, dass wohl doch ein neues Display eingebaut werden muss, fahren wir mit Tobias Auto ins Zentrum. Schließlich beginnt in 12 Minuten die Stadtführung ... Auf den allerletzten Drücker kommen wir an!
L-Jubel-Jana!
Ljubljana ist eine der kleinsten, aber auch eine der grünsten Hauptstädte Europas. Während die Stadtführerin das Zentrum als „ein kleines Wien“ bezeichnet, fühle ich mir sehr an Tübingen erinnert: Alles liegt sehr nahe und in der Fußgängerzone, es gibt massenweise junge Leute und entsprechend viele Kneipen und Cafés, in der Mitte fließt ein Fluss und rings herum geht es sehr bald bergauf.
Da wir dieses Mal an einem Freitag in der Stadt sind, haben wir das Glück nach der Führung den wöchentlichen „Open Kitchen Market“ besuchen zu können: Verschiedene internationale Restaurants der Stadt zeigen in kleinen Buden auf einem netten Platz mit entsprechenden Sitzgelegenheiten und bei entspannter Musik ihre Kochkünste im „Streetfood“. Das ist genau nach meinem Geschmack!
Vom Schicksal dazu gezwungen hauen wir uns nun die Bäuche mit einem Falafel-Teller mit kleinen Fleischköstlichkeiten, zwei Stück kenianischem frittierten Gebäck mit Ingwer und Hackfleisch und zum Nachtisch mit einer Portion Kaiserschmarrn mit Apfelmus voll. Es schmeckt köstlich! So leckere Falafel habe ich das letzte Mal 2015 in Bethlehem gegessen!
Der Moggel sieht mir meine Freude an und möchte uns in diesem Zustand gleich mit dem Handy für alle Ewigkeit festhalten... Was für ein Glück, dass Malte technische Probleme hatte!
Um 15.00 Uhr ruft der nette Besitzer der Werkstatt an und teilt uns mit, dass nun alles in Ordnung sein müsste, so dass wir Malte wieder abholen dürfen. Über diese Nachricht freuen wir uns natürlich und machen uns auch alsbald auf den Weg.
Ich bin froh, dass Tobias da ist und ich diese technischen Dinge nicht alleine regeln muss. Auch im Anschluss an die Abholung in der Werkstatt übernimmt er das Fahren, das Befüllen der Gasflasche und schließlich hilft er sogar im Waschsalon mit der Wäsche: Unterstützung tut einfach gut!
Da wir versuchen ein Team zu sein, hat sich auch der Moggel überlegt, was er zum Gelingen des Tages beitragen kann: Während unsere dreckige Kleidung mit Wasser und Seife Karussell fährt, gibt er uns zwischen den Waschmaschinen und Trockner eine fast professionelle Sportstunde: Liegestütze, Kniebeugen, Sprünge, Kurzsprints und Dehnübungen lassen die Zeit wie im Flug vergehen und bescheren mir schon kurz darauf ernsthaften Muskelkater im Po ...
Slowenischer Triathlon...
Die Nacht verbringen wir wieder auf einem der für Slowenien anscheinend typischen Camper-Parkplätze mit Strom- und Wasseranschluss. Mir gefällt dieses funktionale, einfache, touristenfreundliche Konzept und wir nächtigen dieses Mal zentral in Bled. Weiß ja jeder: „Vor müd´ kommt bled“.
In dieser Nacht träume ich das erste Mal auf der nun schon 19. Wochen andauernden Reise von Tübingen. Es ist ein schöner Traum und ich wache mit Vorfreude auf das Wiedersehen mit den mir ans Herz gewachsenen, in Deutschland zurück gebliebenen Menschen auf. „Heimweh“ kann ich es zwar nicht nennen, aber „Vorfreude“ ist stimmig für mich...
Spät am Samstagvormittag machen wir uns dann mit dem Fahrrad auf, um den Bleder See zu umrunden. Die Mariä-Himmelfahrts-Kirche der Insel Blejski Otok und die Bleder Burg hoch über dem See sind bei dem herbstlichem Wetter unglaublich schöne Motive, so dass ich kaum mit fotographieren hinterher komme ... Da wir die Räder am Seeufer stehen gelassen haben, um zu Fuß zu gehen, kann ich tatsächlich alle paar Schritte ein fantastisches Foto machen.
Durch den „Peter-Parkplatz“, den wir – direkt vor dem gewünschten Ziel – ergattert haben, können wir zum Mittagessen mit den Rädern zu Malte zurückfahren.
"Mama, machst Du mir ein Geschlürf?". Ich verstehe nicht auf Anhieb, was das Moggelchen wünscht, aber dann kommt es mir: Mehrmals habe ich diese Woche erklärt, dass das "Getränk" "Getränk" heißt, weil man es trinkt und nicht schlürft.
Er ist so einfallsreich, dieser kleine Mann! Wer ein "Geschlürf" hat, darf natürlich auch schlürfen. Sonst hieße es ja "Getränk"...
Wohl genährt und beschlürft schwimmen wir danach zwar nicht zur Insel, besuchen diese aber immerhin selbst mit dem Paddelboot rudernd.
Nach all diesen sportlichen Betätigungen haben wir uns trotz der noch gefüllten Mägen das Eis im Inselcafé redlich verdient. Schließlich gilt – ich zitiere Opa Josef - : „Eis geht immer!“
Auf dem Rückweg checken wir noch das Programm des nächsten Tages aus und schauen kurz bei der Bleder Sommerrodelbahn vorbei. Gefällt uns das? Ja, es gefällt! Hach, wir lassen es uns wieder rund um gut gehen, wenn der Papa da ist ...