03. - 09.10.2021
Reissende Bänder...
Am Montag morgen kann ich eine letzte Theorie-Einheit und die obligatorische Multiple-Choice-Prüfung für den Open Water Diver ablegen, während Tante Claudi und das Kindlein im Pool sind. Um die Mittagszeit packen wir unser Hab und Gut zusammen und fahren nach Pula. Nachdem der verletzte Knöchel eine Stadtbesichtigung unmöglich macht, möchten wir wenigstens das bekannte Amphitheater besichtigen.
Tatsächlich ergattern wir einen – sogar kostenfreien – Parkplatz direkt neben der Ruine und können mit Blick auf die Rundbögen Pasta und Salat verspeisen (https://www.kroati.de/kroatien-infos/arena-pula.html). Zum Nachtisch holen wir uns dann ein Eis und suchen eine Parkbank auf der anderen Seite des Gebäudes, um das Theater auch von dort zu besichtigen. Als Tante Claudi vorschlägt, nun zu Fuß eine Runde um das Theater zu drehen, und dafür ihren Fuß von der Parkbank nimmt, erschrecken wir beide, denn jetzt ist er deutlich geschwollen und auch so blau, dass klar ist, dass Tante Claudi sich die Bänder gerissen hat.
Wir kehren daher lieber um und machen uns langsam für den Abschied am Flughafen bereit.
Es war eine so volle, abwechslungsreiche, und dennoch entspannte, harmonische Zeit mit Tante Claudi, dass ich wehmütig bin, dass sie nun vorbei ist.
Für die Nacht fahren wir – wieder als Rumpfteam – weiter nach Rovinj (https://www.rovinj.com/de/rovinj). Das Parken in diesem touristisch gut erschlossenen Örtchen ist schwierig, denn überall sind Wohnmobile verboten oder es wird im Internet von regelmäßigen Polizeikontrollen mit hohen Strafen berichtet. Schließlich finde ich am Ende einer Sackgasse einen kleinen Schotterparkplatz, bei dem ich guter Dinge bin, dass wir kein Aufsehen erregen.
DER LETZTE TAG AM MEER...
Für den Dienstag ist am Vormittag Regen angesagt. Wir verbringen ihn daher in Malte und befassen uns mit der Planung der restlichen Woche. Zwei Optionen kristallisieren sich heraus:
1) Wir fahren nach Slowenien und versuchen dort zu wandern, bis Tobias am kommenden Montag in Slowenien für mindestens 10 Tage zu uns stößt oder
2) Wir ziehen nach Kärnten weiter, wo Tobias ab Mittwochabend an einem Seminar teilnimmt, so dass wir ihn schon 4 Tage früher sehen und zumindest abends und morgens Zeit mit ihm im Seminarhotel verbringen können.
Während ich mit dem Abwägen der Vor- und Nachteile dieser Möglichkeiten beschäftigt bin, ist Moggelchens Entscheidung schnell aus Bauch und Herz heraus getroffen: „Wir fahren zum Papi!“
Am Mittag nutzen wir die verbleibende Zeit und fahren mit dem Rad ins Zentrum Rovinjs. Wir erkunden mit viel Ausdauer den Spielplatz am Hafen und schlendern dann durch den Markt, auf dem wir Käse und Feigen probieren dürfen. Im Anschluß locken uns die Läden mit ihren an den Fensterläden ausgehängten Waren in die engen, gepflasterten Gassen. Nachdem wir alle Souvenirs betrachten haben, laufen wir den Hügel zur Kirche der Heiligen Euphemia hoch, mischen uns dort unauffällig zwischen die Seniorengruppen und lauschen kurz der deutschen Fremdenführerin mit ihren Ausführungen zur Geschichte der Stadt. Schließlich gehen wir auf der anderen Seite des Hügels durch weitere Gässchen wieder zum Meer zurück.
Da auf meiner Liste immer noch „Delphine sehen“ steht, rufe ich bei allen Anbietern von „Dolphin Sunset“-Touren an, deren Schiffe wir im Hafen sehen. Leider erhalten wir aber eine Absage nach der anderen, die letztlich alle das gleiche besagen: „Das Wetter ist zu schlecht – die grauen Säuger kommen unter diesen Umständen nicht in die Nähe der Küste! Frühestens am Donnerstag fahren wir wieder aus“.
Wir verlassen Kroatien und das Meer also ohne Delphine aus der Nähe gesehen zu haben... Ich bin ein bisschen traurig darüber, möchte es aber als Anlass nehmen, auf jeden Fall ein weiteres Mal nach Kroatien zu fahren!
Am frühen Abend recherchiere ich noch nach Teststationen in Rovinj und einem guten Halt für die doch fast 4-stündige Autofahrt. Der Plan steht: 8.00 Uhr testen, bis circa 11.00 Uhr nach Ljubljana fahren, dort für Tobias einen Klettersteigset besorgen und Mittagessen, 15.00 Uhr Stadtführung, Weiterfahrt bis ca. 19.30 Uhr nach Feldkirchen in Kärnten. Passt!
Grenzgänge...
Die Angst in der letzten Nacht in Kroatien doch noch kontrolliert werden zu können, lässt mich kaum zur Ruhe kommen. Vielleicht – aber wirklich nur vielleicht – ist es auch die Vorfreude auf ein Wiedersehen mit Tobias, das mich nur wenig schlafen lässt...
An der Grenze nach Slowenien wird ein schneller Blick auf unsere Pässe geworfen; das Testergebnis und mein sonstiger Gesundheitsstand interessieren zum Glück nicht.
Ganz anders aber am Sportladen: Hier darf ich als Gesunde ohne Beweise für diese Selbsteinschätzung nicht mehr einkaufen! Wir sind in Slowenien und ich muss mit Erschrecken feststellen, dass die „neue Normalität“ schneller näher kommt, als mir lieb ist. Das Atmen fällt mir mit jedem Kilometer, den wir Deutschland näher kommen, schwerer und das ganze Thema belastet mich nach wie vor sehr stark.
Für die Stadtführung fahren wir dann ins Zentrum (https://www.visitljubljana.com/de/besucher/), wo ich auf einem als recht eng beschriebenen Parkplatz in der letzten Ecke eine Lücke finde. Inzwischen bin ich so geübt im Umgang mit Malte, dass ich mit ein Mal rangieren perfekt einparke. Ich bin wirklich stolz auf mich!
Wie es mit dem Ausparken klappt, werden wir ja sehen...
Ich schicke präventiv mehrere Stoßgebete gen Himmel, dass bis dahin die Autos neben und hinter mir verschwunden sind!
Mit dem Moggelchen im trockenen Hänger laufe ich durch den strömenden Regen zum Treffpunkt für die Stadtbesichtigung. Leider kommen außer uns zwei keine weiteren Interessenten, so dass die Tour abgesagt wird. Um das beste aus der Situation zu machen, krame ich in meinen Erinnerungen: Vor über 25 Jahren war ich mit meinem ersten Freund, dessen Eltern aus Slowenien waren, schon einmal in Ljubljana. Wo waren wir damals?
Ich erinnere mich an die drei Brücken über den Fluss, den Markt und die Universität und beschließe zumindest diesen Bereich im Alleingang zu besuchen. Dass Ljubljana auch ein Schloß besitzt, habe ich erfolgreich verdrängt. Unter Umständen hatte ich damals auch einfach keine Augen für historische Gebäude...
Da ich leicht durchnässt und etwas fröstelig bin, setzen wir uns – wieder als einzige Gäste – in einen kleinen Touristenzug, der uns in einer einstündigen Tour zu weiteren Sehenswürdigkeiten fährt. Durch die beschlagenen Fenster ist nicht viel zu sehen, aber immerhin sind wir hier im Trockenen.
Bevor wir weiterfahren, gönnen wir uns noch ein Heißgetränk und ein Stückchen Kuchen in einem kleinen Cafe (https://zvezdaljubljana.com/kavarne/). „Jeder Minute, die wir länger in der Stadt sind, erhöht die Chancen, wieder leichter aus der Parklücke herauszukommen...“, denke ich im Stillen. Aber egal, wie ich die Sache gedanklich hin und her drehe: Wenden und vorwärts das Gelände zu verlassen, wird mir nicht möglich sein!
Als wir zum Parkplatz zurückkommen, ist zumindest die Hälfte meiner Gebete erhört: Links von mir habe ich nun etwas mehr Platz und tatsächlich hilft mir ein netter Slowene durch Winken die Strecke rückwärtsfahrend zu bewältigen. Ich bin sehr froh, dass wir nun weiterfahren können Richtung Kärnten.
Wiedersehen...
Das Hotel, in dem wir die nächsten Tage verbringen, ist sehr nobel (https://www.nudelbacher.at/hotel-kaernten/). Wir haben mehrere Zimmer für uns, es gibt ein Schwimmbad und eine Sauna und wir werden mit einem leckeren alkoholfreien Cocktail begrüßt. Auch die anderen Seminarteilnehmer, die bei unserer Ankunft schon Abendessen, scheinen sehr nett zu sein.
Da es schon spät ist, machen wir uns jedoch schnell bettfertig und verschieben das Kennenlernen auf den nächsten Morgen.
Als endlich der Papa kommt, ist die Freude groß: Über zwei, fast drei Monate haben wir uns nicht gesehen – wie schön, dass wir uns nun für ein Weilchen wieder haben!
Jetzt kann auch das Kindlein beruhigt einschlafen...
Chillig, chilliger, am chilligsten...
Nach einer kurzen Nacht – es gibt eine Menge zu erzählen – erwartet uns ein meterlanges Frühstücksbuffet: Brötchen, Brot, süße Stückchen, Säfte, Eier, Speck, Würste, Käse, Frischkäse, Marmeladen, Honig, Obst... die Aufzählung könnte bei Anspruch auf Vollständigkeit seitenlang werden. Es ist jedenfalls im Vergleich zu unserem Reisefrühstück mehr als königlich!
Ich genieße nicht nur die Auswahl, sondern auch die nette Gesellschaft: Sofort werde ich in Gespräche einbezogen und es ist, als wäre es ganz normal, dass wir als zusätzliche Gäste dabei sein dürfen. Die Teilnehmer kommen aus den unterschiedlichsten Ecken Deutschlands, Österreichs und der Schweiz und haben so unterschiedliche berufliche Hintergründe, dass jede der Begegnungen spannend ist und neue Fragen für mich mit sich bringt.
Die Zeit, in der Tobias sein Seminar besucht, verbringen wir damit, den Lego-Technik-Traktor zusammenzubauen, den der Papa als Überraschung mitgebracht hat. Da wir am Vorabend nur die Schlafanzüge und Zahnbürsten mitgenommen haben, muss ich danach etwas putzen, spülen, Lebensmittel sortieren, Wäsche zusammenklauben und unser Gepäck für die nächsten Tage packen. Am verregneten Nachmittag spielen wir ausgiebig und gehen dann im beheizten und überdachten Gartenpool plantschen. Der Tag vergeht schnell und wir freuen uns, als die Seminarteilnehmer am frühen Abend wieder kommen.
Das gemeinsame Abendessen ist genauso opulent und interessant, wie das Frühstück. Ich kann verstehen, dass Tobias sich gerne fortbildet, wenn das immer so ist, wie hier...
Am Freitag beschließen wir – zumindest am Vormittag – die Umgebung unsicher zu machen und fahren an den Ossiacher See. Dort besichtigen wir das Benediktinerstift (https://www.ossiach.gv.at/Unser_Ossiach/Wissenswertes/Stift_Ossiach) und besuchen danach den Kletterpark des Ortes (https://www.familywald.at/fotos/). Dort sind wir aufgrund des nach wie vor sehr nasskalten Wetters die einzigen Gäste, was uns aber gar nichts ausmacht: So können wir in aller Ruhe auf den Stegen durch den Wald gehen, jeden Abstecher auf den Baumwipfelpfaden und Baumterrassen nutzen und dann alleine in den Baumnetzen wippen und herumpurzeln.
Um die Mittagszeit möchte der Moggel jedoch ins Hotel: „Mama, ich möchte jetzt einfach im Hotel rumhängen und nichts mehr tun!“. Da auch ich das Wetter mehr ungemütlich finde, fahren wir tatsächlich bald zu Nudelbachers zurück.
Selbst meine zahlreichen Versuche wenigsten den Pool zu nutzen prallen am Kindlein ab: „Mama, ich hab´ es Dir doch jetzt schon so oft gesagt: Ich möchte nur hier im Zimmer sein und nichts machen!“. „Okay, okay... – war ja nur ein Angebot!“
Erst als der Papa da ist kommt wieder Leben in das Moggelchen. Die beiden packen die von Tobias mitgebrachte Drohne aus und üben damit zu fliegen, während ich mich endlich ins Schwimmbad verdrücken kann.
Nach dem mehrgängigen Abendessen – das Kind möchte unbedingt auch den Nachtisch kosten und verweigert es, vor Umsetzung seines Planes einzuschlafen – fallen wir alle müde und bis zum Rand hin mit Köstlichkeiten gefüllt ins Bett.
Gleich nach dem Frühstück fahren wir am folgenden Morgen Richtung Spittal an der Drau. Dort wohnt Cecilia, die wir das letzte Mal auf einem Kurswochenende im Winter 2016 gesehen haben. Neugierig auf ihr neues Zuhause möchten wir ihr einen Besuch abstatten und uns den Hof anschauen, in den sie hineingeheiratet hat.
Das Haus, vor dem wir bei der Ankunft parken, ist beeindruckend: Mitten im Dorf, direkt vor der Kirche, 450 Jahre alt und riesig. Von den drei Stockwerken bewohnt Cecilia mit ihrem Mann Matthias nur einen Bruchteil im obersten Stock; die Kinder und der Schwiegervater besiedeln die zweite Etage und alle ehemaligen Räume der Gastwirtschaft im Erdgeschoss stehen leer. Mit viel Geld und Zeit könnte man hier ein wahres Paradies schaffen...
Da das Wetter sonnig ist, machen wir uns zu einer Wanderung zur Kapelle Maria Hoheburg auf (https://www.meinbezirk.at/spittal/c-freizeit/filialkirche-hohenburg_a3383784). Nach so langer Zeit mit nur sehr wenig Kontakt geht uns der Gesprächsstoff nicht aus und auch das Moggelchen hat sofort einen guten Draht zu Cecilia.
Es ist fast schon eine Herausforderung für mich, das Wort immer und immer wieder an ihn abzugeben, da auch er viel zu erzählen hat. Wir einigen uns aber auf abwechselndes Rederecht und kommen so gut klar.
Statt eines Mittagessens gönnen wir uns im Wirtshaus neben der Kapelle die Kuchen des Hauses: Selbstgebackenen Apfelkuchen vom Blech, Topfenstrudel und Schwarzwälder Kirschtorte. Es schmeckt besser als bei Muttern und ich hätte locker ein, zwei oder drei weitere Stückchen verdrücken können.
Im Hotel beim Abendessen gesteht das Kindlein strahlend dem Papa: „Es war ein schöner Tag. Mit der Cecilia kann man so richtig gut reden!“. Nun freue ich mich doch, dass auch er an diesem Tag mit seinen Bedürfnissen zum Zuge kam.