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TEIL I: 15. WOCHE – UNGARN: OLYMPISCHE PRINZIPIEN

12. - 18.09.2021

Die Ruhe vor dem Sturm...

Den Sonntag verbringen wir – da es uns das letzte Mal so gut gefallen hat – mit Chillen. Wir fangen schon im Bett mit Uno und Kniffel an, hören Hörspiele und malen – schließlich aus dem Alkoven gestiegen – endlich mal wieder an den vor langem begonnenen Bildern aus unseren Malbüchern weiter. 

 

Da wir direkt am Seeufer stehen, packen wir am Mittag die Picknickdecke und die Sandelsachen aus und gehen in die Sonne. Das Kind buddelt in Ruhe vor sich hin, so dass ich sogar – nach sehr, sehr langer Zeit mal wieder – einen Liegestuhl aufstelle und lese. Tatsächlich habe ich den zweiten Liegestuhl mit Hans nach Tübingen zurückgeschickt. Ich habe die Liegestühle ja sowieso kaum benutzt und dafür benötigten sie dann doch zu viel Platz; einer muss reichen ...

Als wir das Stand-Up-Paddelboard aufpumpen, um noch eine Runde auf dem Balaton zu drehen, bemerke ich den platten Vorderreifen an meinem Rad ... Ach nein, nicht schon wieder! Wir wollten doch gleich morgen früh mit der Umrundung des Sees beginnen ...

 

Nun muss ich schon wieder – es ist ja nun das vierte Mal – eine Fahrradwerkstatt finden. Zwei Telefonate bleiben erfolglos und auch Google lässt mich im Stich. Wir müssen also losfahren und vor Ort in der nächsten Stadt nach einer Möglichkeit zur Reparatur suchen ...

 

Beim Fahrradverleih hilft man uns mit drei Adressen weiter, die wir nach und nach abarbeiten, um Öffnungszeiten und Lage zu vergleichen. Schließlich entscheiden wir uns für das private Haus mit Garagen-Werkstatt ganz in der Nähe unseres Standplatzes, denn so können wir am Morgen zumindest die Fahrtzeit minimieren.

 

Trotzdem bin ich frustriert. Immer dieses "organisieren müssen" – kann das nicht mal aufhören?

Schneller...

10 Minuten nach Öffnung stehen wir am nächsten Morgen vor der Garage. Ja, wir werden immer schneller, was die Organisation unserer Reparaturen anbelangt ... und auch schneller im Packen für unsere Ausflüge ... überhaupt sind wir ja von der schnellen Truppe – selbst im genervten Zustand!

 

Aus der Garage kommt ein sehr freundlichen Fahrrad-Doktor, mit dem wir über ein Online-Übersetzungsprogramm kommunizieren. Gerade eine Stunde später – wir waren inzwischen einkaufen – darf ich mein repariertes E-Bike – das mit dem Übersetzen hat also geklappt – wieder auf Maltes Rücken schnallen. Schnell fahren wir zurück an unseren schönen Standort, laden die Räder ab und düsen los. Ziel ist Keszthely, das etwas 75 km am südlichsten Zipfel des Balatons liegt. Hier habe ich für die kommende Nacht eine Pension gebucht.

 

Das Moggelkind fährt die ersten 15 km selbst und lässt sich dann von mir kutschieren. Die Strecke macht beides gut möglich und erinnert sehr an den Bodensee. Man wird nahe am See auf gut präparierten Radwegen durch Ferienhaussiedlungen geführt. Neben dem Unterschied, dass hier im September bereits alles geschlossen und die Saison deutlich beendet ist, fällt mir auf, dass der Bodensee überall relativ schnell tief wird, während man hier sehr lange in etwa kniehohem Wasser laufen kann, bis der See dann an Tiefe dann zunimmt. 

Das ist vermutlich der Grund dafür, dass in Ufernähe viele Metallgestelle mit Holzdach stehen, auf denen man sogar Bänke oder Liegen sieht: Man kann durch das seichte Wasser dorthin laufen, hochklettern und dann quasi im See immer noch trocken – abgesehen von den Beinen –picknicken, lesen, angeln oder einfach nur ein Sonnenbad nehmen.

 

Nach einem Picknick am Wasser fährt das Kindlein nochmals 15 km mit dem Rad. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel Energie diese kleinen Wesen besitzen, den das Rädchen hat nur 16 Zoll, was bedeutet, dass er strampeln und strampeln muss, während ich in aller Ruhe ein einziges Mal trete ...

 

Um 17.30 Uhr erreichen wir müde unser Ziel. Wir schaffen es gerade noch auf den Marktplatz, um dort vor der Einkehr in unserem Quartier ein Eis zu schnabulieren. Ich will eigentlich verzichten, aber die vielen mir unbekannten Sorten stimmen mich schnell um... 

 

Vor dem Abendessen hüpfen wir ganz schnell in den Pool bei der Unterkunft. Es ist so kalt, dass wir bald wieder draußen sind – man könnte auch „schnell“ sagen.

 

Auch zum Abendessen lassen wir uns dann nochmal von anderen verwöhnen und gehen essen. Der Moggel möchte Pommes mit Mayo und Ketchup, während ich ein Lachsfilet an Spinatsouffle mit Süßkartoffelpommes esse. Wie schön: Mal nicht kochen, Tisch decken und spülen zu müssen.

 

Im Restaurant sind wir von Deutschen umringt. Selbst die Werbetafeln und die Speisekarte sind hier deutsch. Unverkennbares Bodensee-Feeling ...

 

Müde fallen wir beide sehr früh ins Bett. Schließlich steht morgen nochmals eine lange Etappe an!

Höher...

Als ich am Morgen Moggels Fahrrad auf dem Hänger festbinde, fällt mein Blick auf den Reifen. Was ich sehe, bringt mich zum Stöhnen: Schon wieder ein Platten! Der vierte an diesem Rad und insgesamt nun der fünfte. Muss das sein???

 

Die platten Reifen scheinen ein fast so häufig auftretendes und unberechenbares Problem zu werden, wie der piepsende Kühlschrank ... 

 

Ganz zu schweigen davon, dass ich mal wieder vergessen habe, das E-Bike über Nacht aufzuladen. Es hat zwar noch über 50% Akku, aber die heutige Tour ist angekündigt mit 65 km und einigen Steigungen. Ich bin es einfach noch nicht gewohnt, dass ich mit dem E-Bike zwar Kraft sparen kann, dies aber nur funktioniert, wenn ich es auch regelmäßig lade ...

 

Zusammen mit der Gastwirtin suchen wir also wieder einmal nach einer Fahrradwerkstatt. 

 

Wir werden schnell fündig und können das Rad so aufpumpen, dass es zumindest die 2 km zur Werkstatt aushält. Dort angekommen finden wir mit Hilfe des Besitzers des Fahrradladens sogar eine Ladestation für das E-Bike. Gleich um die Ecke und in der Nähe einer einladenden Bäckerei. In der einen Stunde, die wir zwangsverlangsamt werden, essen wir daher Mohn- und Kirschstrudel. 

 

Dieses Mal habe ich um gute Kontrolle des Mantels und des Rades gebeten. Als wir den reparierten Reifen abholen, verkündet uns der Besitzer tatsächlich einen klitzekleinen Dorn im Mantel gefunden zu haben. Hoffen wir also das Beste – vielleicht war es der letzte Plattfuß auf unserer Reise ...

Wir können also starten und der Moggel bleibt gleich dabei selbst zu fahren. Als ich nach etwa 15 km nachfrage, ob er in den Hänger wechseln will, ernte ich Kopfschütteln. Erstaunlicherweise scheint er keine Ermüdungserscheinungen vom Vortag zu haben. 

 

Bei km 20 passieren wir eine Wiese, auf der ein Container, ein VW-Bus und ein kleines Motorflugzeug stehen. „Rundflüge“ steht auf einem großen Plakat daneben (https://bognair.hu/). Ich bin neugierig und möchte gerne wissen, was ein Flug kostet. Das könnten wir uns doch gönnen, nach dem der Tag ohne Luft begonnen hat. 

 

Leider haben wir nicht ausreichend Bargeld dabei, um einen 20-minütigen Flug zahlen zu können. Das Kind und ich sind jedoch so angefixt von der Idee zu Fliegen, dass wir zum Geld abheben 5 km ins nächste Dorf fahren. Und wieder zurück. Die 30 km hat das Kind also wieder – und dieses Mal am Stück – geknackt.

Während wir ein kleines Picknick neben dem Flugzeug einnehmen, können wir beobachten, wie unser Pilot mit einer Fußpumpe Treibstoff aus einem Kanister in einen Tag im Flügel pumpt. Vertrauenswürdige Technik sieht anders aus ...

 

Als wir eingestiegen sind – das Flugzeug ist definitiv nicht für 3 Personen ausgelegt – fahren wir zur Rollbahn. Und schon geht es los: Der Flieger nimmt auf der leicht abschüssigen Wiese Tempo auf und rast genau auf einen kleinen Wald zu ... 

 

Mir wird ganz anders: „Hoffentlich zieht er das Ding noch hoch“, denke ich in dem Moment, als wir leicht vom Boden abheben. „Und hoffentlich auch hoch genug“ ist der nächste Gedanke, da wir die Baumwipfel in der bislang erreichten Höhe mehr als streifen würden ... Gefühlt in der letzten Sekunde legen wir einen steilen Anstieg hin und fliegen knapp über die Bäume hinweg. 

 

Puh, was für eine Erfahrung! Als wir Flughöhe erreicht haben, ist die Aussicht wunderschön: Wir sehen die Burg Szigliget (https://wunderbarerbalaton.de/) von oben, die ganzen Weinberge auf den Hügeln, den See. Ich bin tatsächlich beflügelt – auch innerlich. Dem Moggel geht es ebenso. Wir können uns über die Headsets unterhalten und zeigen uns all die Dinge, die wir aus der Luft betrachten können.

 

Viel zu schnell ist die Zeit um und wir landen – dieses Mal ganz sanft und voller Vertrauen in die Flugkünste des Piloten – wieder auf der Wiese. Ich würde ihn am liebsten küssen, denn das war so unfassbar schön!

Weiter...

Mit dem Kind im Hänger fahre ich weiter. 

 

Tihany 47 km ist auf den Schildern zu lesen. Also 77 km insgesamt. Auch gut.

 

Je näher wir Tihany jedoch kommen, umso langsamer verkleinern sich die Zahlen auf den Schildern. Wenn ich die Zahlen in meinem Kopf zusammenrechne und mit den Angaben auf meinem Tachometer vergleiche komme ich zum gleichen Ergebnis: Irgendetwas stimmt hier nicht! Fahren wir in die falsche Richtung? Haben wir die Route verlassen und sind auf einem ausgeschilderten Umweg? Inzwischen sind wir laut meinen Rechnungen schon bei über 85 km. Und heute ist die Strecke nicht eben am Ufer des Sees entlang... 

 

Irgendwann beschließe ich zu fragen, wie ich nun endlich nach Tihany und von dort zum Hafen komme. Die Seniorengruppe „Lavendel“, die sich auf der ansonsten leeren Terrasse eines Restaurants trifft, ist das geeignete Opfer für diese anscheinend schwierige Frage. 

 

Nach etwas hin und her stellt sich heraus, dass nicht nur eine Stadt, sondern die ganze Halbinsel Tihany heißt. Das erklärt alles... 

Wie auch immer: Zum Hafen sind es nun noch 3 km und das meiste davon bergab.

 

Ich lasse das Rad laufen und überhole – bedingt durch das Gewicht, das wir haben – einige staunende Rennradfahrer. Ja, es ist schon ein merkwürdiges Geschoss: E-Bike, Hänger, Kind und Kinderrad auf dem Hänger ...

 

Der Hafen liegt ganz am Ende des Hügels und wir flitzen quasi als letzte und fast ohne Halt – gut, ein Ticket muss ich noch kaufen – auf die Fähre. 

 

Am anderen Ufer angekommen, ist die Strecke zu Malte nur noch kurz und vom gestrigen Tag bekannt. Als wir ankommen zeigt der Tacho 97 km, die Display des Rades 3% Akku und die Uhr 18.20 Uhr. Das war eine Punktlandung! 

 

The same procedure as every day: Kochen, duschen, Moggel und mich umziehen, ins Bett fallen ...

Pause...

Am nächsten Tag möchten wir eine wetterbedingte Pause einlegen: Es soll 28 Grad warm werden und da wir an einem See sind, ist es naheliegend, diesen Tag zum Baden und Paddeln zu nutzen und am kühleren Donnerstag weiter zu fahren.

 

Wir tanken, kaufen ein, suchen einen Campingplatz, waschen, laden alle elektronischen Geräte auf, buddeln im Sand, kochen mit dem Thermomix, paddeln, lesen und duschen. So richtig Lust auf die letzten 75 km um den See scheinen wir beide nicht zu haben. Das Moggelchen bettelt: „Mama, lass uns noch länger Pause machen!“.

 

Ich würde gerne, aber ab Freitag soll es regnen. Vielleicht einfach den letzten Teil der Tour ersatzlos streichen? Ich werde spontan entscheiden, nach was uns der Sinn steht.

SAUER WIE EINE ZITRONE...

Angesichts der Wettervorhersage und dem Bewegungsdrang des Kindes entscheide ich mich für die letzte Etappe der Balaton-Umfahrung und gegen die Pause.

 

Dennoch frage ich den Moggel am Morgen, was er wählen würde, wenn er wählen müsste zwischen einer weiteren Nacht auf dem Campingplatz und einem Legoset. Beides kostet etwa gleichviel und da wir den ganzen Tag unterwegs sein werden, reut es mich ein wenig für den Campingplatz 25 Euro zu bezahlen. Das Legoset gewinnt ...

 

Wir packen daher unsere Sachen zusammen, rüsten Malte für die nächsten Tage „Freistehen“ und dürfen dann vor dem Campingplatz parken. Das ist sehr freundlich, zumal wird uns dort an Strom anschließen, damit Gas sparen und weiterhin alle Geräte laden können.

 

Um 10 Uhr kommen wir los. Als ich nach etwa 2 km Fahrt an die Fähre denke und hoffe, dieses Mal von der flachen Seeseite an den Hafen fahren zu können, fällt mir ein, dass ich meinen Geldbeutel vergessen habe. Also drehen wir nochmals um – zum Glück waren wir noch nicht weiter! 

 

Nur kurz danach hat das Kindlein Durst, hält an und fällt beim Absteigen so ungeschickt um, dass eines der Knie aufgeschürft ist. Wütend sucht das Moggelchen einen Verantwortlichen für diesen Schmerz und wird fündig im Bauzaun, der einige Meter weiter steht. „Der Zaun ist schuld!“, jammert er unter Tränen. „Heute geht aber auch alles schief!“. 

 

Ich weiß, dass dieser Satz aus einem Hörspiel stammt und rege von Onkel Hans verwendet wird, aber dennoch erstaunt mich diese Wahrnehmung, vor allem, weil sie ab da die Laune für den Rest des Tages prägt. Überhaupt reichen die hinderlichen Glaubenssätze, die ich dem Kind mitgebe, ja völlig aus – es braucht nicht noch weitere aus anderen Quellen!

So verbringen wir aus meiner Sicht einen schönen Sonnentag mit einer leicht hügeligen, 83 km langen Strecke um den nördlichen Teil des Balatons und teilweise wundervollen Ausblicken von den Anhöhen. Aber das Resümee des Moggelmannes bleibt: „Ich bin wütend! Der Tag war gar nicht gut! Wir konnten kein Lego kaufen und das hätte ich mir so gewünscht!“. Stampfend und nörgelnd läuft er neben mir zur Dusche, die wir bei der Ankunft noch auf dem Campingplatz nehmen dürfen: „Mama, ich habe Schimpferitis! Ich bin sauer wie eine Zitrone!“. Ich kann ihn gut verstehen und muss mir angesichts der Wortwahl dennoch das Lachen verkneifen ...

 

Wir essen noch auf dem Parkplatz und fahren dann für die Nacht an unseren „Stammplatz“ der letzten Tage.

Glücklicher...

Wir haben keinen Zeitdruck und verbummeln daher den Morgen mit Kuscheln, Lesen und Spielen, während es draußen ungemütlich neblig ist und immer wieder regnet.

 

Aus mehreren sicheren Quellen weiß ich, dass an der Grenze alle Einreisenden kontrolliert werden, und so muss ich für die Einreise nach Kroatien meine Infektionslosigkeit nachweisen. Ausreichend Recherche am Vorabend hat mir gezeigt, dass es dieses Mal auch keinen Grenzübergang gibt, an dem ich diese Kontrolle umgehen kann ...

 

In Szekesfehervar finde ich ein Testzentrum und so müssen wir – wenn ich uns Probleme bei der Einreise ersparen möchten – eben einen kleinen Umweg in Kauf nehmen. Dafür können wir dann das Arpad-Bad besuchen, das ursprünglich 1905 im Sezessionsstil erbaut wurde. 2010 liebevoll renoviert kann man dort in verschiedenen warmen Becken und Saunen entspannen. Bei dem Nieselwetter genau das richtige!

 

Ganz davon abgesehen bin ich mir sicher, dass wir in dieser großen Stadt endlich auch ein Legoset finden, so dass wir aus der Zitronen- eine Limonadenlaune zaubern können!

 

Der Plan ist also folgender: Legoset kaufen, Test machen, Baden gehen.

 

Und genauso machen wir es. Einzige Ausnahme: Der Test ist so unangenehm, dass ich mir zur Belohnung danach auch ein Legoset kaufe...

Beim Betreten des Bades habe ich nur zwei Gedanken: 1. So müsste man das Tübinger Uhland-Bad renovieren. Mensch, das wäre was! 2. Bei dem Nieselwetter und in meiner aktuellen Stimmung ist dieses Nachmittagsprogramm genau das Richtige für uns!

 

Während ich in der Sauna bin, reißt sich das Kindchen neben seinem Müllabfuhr-Legoauto nun auch mein Schiffs-Lego-Set ohne jede Hemmungen unter den Nagel. Aber ich gebe zu, dass es genau dafür auch gedacht war: Zu seiner Beschäftigung, während ich saunieren gehe.

 

Und saunieren ist im Arpad-Bad ein echtes Erlebnis: Die Sauna ist bis auf den letzten Platz besetzt, zwei Personen machen den Aufguss mit drei verschiedenen Geschmacksrichtungen, die ausführlich vorgestellt und eingefroren in großen Eiskugeln auf den heißen Ofen gelegt werden. Dazu laufen nacheinander drei unterschiedliche Musikstile – für jeden etwas – und die Aufgießenden tanzen im Rhythmus mit Handtuch oder Fächer dazu. Die Stimmung ist wie in der Disco und am Ende klatschen und johlen alle mit. Das tut so gut – dem Körper und dem Herzen!

Wir kommen deutlich später als geplant aus dem Bad, aber müssen glücklicherweise keine Nachzahlung machen. Bei Malte angekommen sehe ich, dass vor mir ein Auto so schräg geparkt hat, dass wir unmöglich daran vorbeikommen. Ich versuche daher rückwärts zu fahren, um anders einschlagen zu können. Alles klappt wunderbar, aber bevor ich vorwärts fahre, höre ich einen kleinen Knall. 

 

Oh nein! Jetzt habe ich meinen ersten Auffahrunfall gebaut. Ich steige aus und begutachte den Golf, dem ich im Kotflügel eine kleine Delle – die Besitzer würden es vermutlich gar nicht bemerken – verpasst habe. Malte ist ungeschoren davon gekommen.

 

Drei vorbeilaufende junge Männer bitte ich gleich um Hilfe und frage, ob sie die Polizei für mich rufen können. Sie begutachten den Schaden und raten mir, einfach weiterzufahren. Aber das kann ich unmöglich machen: Jetzt habe ich neben meinem Gewissen ja auch noch Zeugen ...

 

Sie rufen daher doch die Polizei. Während das Moggelchen und ich nun geduldig warten, kommen die Besitzer des angefahrenen Wagens. Ich entschuldige mich, erkläre die Situation und hoffe, dass sie nicht allzu ungehalten werden, aber die beiden Erwachsenen sind völlig entspannt. „Macht nichts!“, meint der Mann und will mich einfach so weiterschicken. 

 

Zu allererst mal bin ich unheimlich froh, nicht auch noch zwischenmenschlich Ärger zu bekommen. 

 

Die Frau jedoch ist geschäftstüchtig und fragt nach meiner Versicherung. Nach etwas Beratung schlagen die beiden mir vor, 60 Euro bar zu zahlen und die Polizei wieder abzubestellen. Ich bin einverstanden: Das erspart mir die Polizei, Erklärungen, Papierkrieg mit der Versicherung ... und und und ... Wir stellen fest, dass die zwei mit ihrer Tochter auch im Arpad-Bad waren, ebenfalls im Urlaub sind und genauso wenig Lust auf das formale Prozedere haben, wie ich. 

 

So ein Glück! Wir haben wirklich unglaublich viel Glück - oder auch Gottes schützende Hand über uns!

HRVATSKA - Wir kommen!

Auch das schräg parkende Auto ist nun weg und wir können ungestört Richtung Kroatien fahren...

 

Die Nacht verbringen wir auf einem LKW-Parkplatz unweit der Autobahn. Erst am Morgen bemerke ich, dass er direkt neben einer Pferdekoppel liegt, auf der fünf große Pferde mit einem noch ganz jungen Fohlen weiden. Selbstverständlich beobachten wir die Tiere lange bevor wir den Parkplatz verlassen. 

 

Während der Fahrt möchte das Kind basteln. Alles ist möglich und was nicht möglich ist, wird möglich gemacht!

 

Unsere restlichen Forint hauen wir im letzten Dorfsupermarkt vor der Grenze auf den Kopf. Ganz zufällig haben die auch 1-Liter-Flaschen mit deutschem Zitronensaft im Regal stehen. Es ist ja schon schwer, diese Flaschen in Deutschland zu finden, aber wir trinken den nun Mal wie andere Menschen Apfelsaft und brauchen dementsprechend 1-2 große Flaschen pro Woche... Unser leeres Lager hätte eigentlich unser nächster Besuch, der auf Montag terminiert war, aufgefüllt, aber eben jener hat sich bei einem Fahrradunfall das Schlüsselbein gebrochen und gestern Abend abgesagt. Wieder und wieder fügen sich die Dinge für uns ganz wunderbar ...

 

Als wir am Mittag die Grenze passieren, werden wir – wie vermutet – ausgiebig kontrolliert und nach Pass, Gesundheitsdokument, Aufenthaltsort und weiterem Reiseverlauf gefragt. Seit Finnland hat das ja niemand mehr interessiert und ich bin gespannt, wie es sich auf der weiteren Reise bis nach Hause damit verhält.

In Zagreb richten wir uns für die kommenden zwei Nächte auf einem Parkplatz am See Jarun ein, den wir auch gleich mit dem Rad erkunden. Auch hier fällt mir auf, wie viele kostenfreie Angebote es für die Öffentlichkeit gibt: Spielplätze, Trimm-Dich-Geräte, Grillplätze, überdachte Sitzplätze, Tischtennisplatten, Mini-Golf-Anlagen, Beach-Volleyball-Spielfelder, Bänke, Mülleimer ... nur mit den Toiletten sieht es hier echt mau aus. Was machen die deutschen Bürger anders, so dass ihnen all dies verwehrt wird? Hier jedenfalls kann man sich noch zum feiern, spielen und beisammen sein treffen – auch im öffentlichen Raum ...