01. - 07.08.2021
Bernstein-Steine
Die Nacht verbringen wir auf einem Parkplatz am Strand, den wir uns mit 6 lettischen Wohnmobilen teilen. Am nächsten Morgen bleibt endlich mal wieder Zeit für meine 20 Minuten Yoga und Hula Hoop bevor wir die Räder von Maltes Rücken holen und Richtung Sventoji fahren (https://www.palangatic.lt/en/sightseeing-places/sventoji/). Durch eine sehr schmale Brücke über den Fluss – wir passen mit dem Hänger gerade so durch, wenn man nicht berücksichtigt, dass wir dabei bestimmt ein Dutzend Hintern entgegenkommender Personen gestreift oder gar gequetscht haben – sind das nur etwa 2 km.
Schon am späten Vormittag sind die dauerhaft an den Straßen angesiedelten Hütten, die Souvenirartikel verkaufen, offen. Danach aber kommen die mobilen Stände, die nur an diesem Wochenende hier sind, da in Sventoji das jährlich stattfindende Stadtfest ist. Angeboten werden hier regionale Spezialitäten und Kunsthandwerk. Ich fühle mich fast wie auf einem der Tübinger Märkte und wir dürfen allerlei Dinge kosten: Lettischen Baumkuchen, der neben den klassischen Teigschichten durch seine Teigzapfen gekennzeichnet ist, lettische Gemüsechips, verschiedene Käsesorten – Wurst lassen wir aus bereits genannten Gründen aus – und schließlich unglaublich leckeren, frisch geräucherten Fisch (bezüglich Fisch machen wir eine Ausnahme von unserem vegetarischen Vorhaben). Wir probieren die selbstgemachten Fellhausschuhe und die von Hand gestrickten Merinopullover und sind begeistert von den freundlichen Anbietern.
Danach fahren wir auf dem Ostseeküstenradweg E10 etwa 15 km nach Palanga, da wir dort das Bernstein-Museum (https://www.litauen.info/bernstein/bernsteinmuseum-palanga/) anschauen möchten. Schließlich kann man hier an den Stränden mit etwas Glück Bernstein finden und – falls einem das nicht gelingt – immer noch überall Bernstein kaufen. Nach einer kleinen Pause am Spielplatz entdecken wir mit einem Audioguide auf deutsch, was es alles über Bernstein zu wissen gibt: Von den unterschiedlichen Arten der Steine, über die verschiedenen Farben, die Art und Weise der „Gewinnung“ bis hin zur Verarbeitung kann man hier alles lernen. Besonders gefallen uns die in die Steine eingeschlossenen Tiere und Pflanzen, die man durch Vergrößerungsgläser ganz genau betrachten kann.
Zurück in Sventoji kaufen wir für das Kind ein Bernsteinkettchen (nicht, das wir das andere gerade erst auf Ebay verkauft hätten) und für mich ein paar Bernsteinohringe. Wir sind im Bernsteinfieber!
Am Abend bin ich ziemlich geschafft. Ich habe zwar ein E-Bike, versuche jedoch den Motor nur bei Gegenwind oder Steigungen zu verwenden. D.h. ich fahre das sowieso schon schwerere E-Bike und ziehe einen Anhänger mit Kind und Tagesgepäck. Meine Oberschenkel brennen, aber wir möchten doch unbedingt noch unser eigenes Glück mit dem Bernsteinsuchen wagen. Daher packen wir schnell ein und fahren weiter Richtung Klaipeda zu den kurischen Nehrungen (https://www.litauen.info/bernstein/bernsteinmuseum-palanga/). Allerdings kommen wir so spät an, dass wir die Suche auf den nächsten Tag verschieben müssen.
Helga...
Am Morgen möchte ich mich endlich darum kümmern eine bessere Internetverbindung zu bekommen. Wir versuchen es zuerst mit einem Internetkaffee, werden unter der angegebenen Adresse jedoch durch das ganze vierstöckige Gebäude geschickt. Nach einer vollen Stunde vorstellig werden bei verschiedenen Firmen und Läden gebe ich auf. Dann bleibe ich eben bei meiner schlechten Verbindung und kann die ganzen Bilder für die Homepage nicht versenden! Ich bin frustriert und wütend und fühle mich von allen Menschen dieser Erde verlassen.
Wieso hilft mir denn keiner? Es kann doch nicht so schwer sein eine stabile Verbindung zu einem schnellen Netz zu kriegen!
Mir wird immer wieder bewußt, wie abhängig wir inzwischen vom Internet sind. Von der Technik. Vom Strom. Wie haben wir nur früher gelebt? Als man noch in den Urlaub fuhr und zu Hause keiner wußte, wie es einem in diesen 14 Tagen geht, außer man hat über einen Münzapparat mal angerufen oder eine Postkarte verschickt, die dann meistens doch erst ankam, nachdem man schon lange wieder in der Heimat war.
Wie ging das? Wie haben wir uns in fremder Umgebung zurecht gefunden ohne Google, Park4night und Tripadvisor? Wie fotographiert ohne die Möglichkeit die Bilder gleich zu sehen und möglichst noch zu bearbeiten? Was haben wir mit all der Zeit gemacht, die wir nicht an diesem kleinen oder großen elektronischen Dingsda hingen?
Möglicherweise habe ich auch nur einen schlechten Tag erwischt. Einem, an dem ich den alten Zeiten hinterher trauere. Vielleicht auch, weil ich am Morgen von den Demonstrationen in Berlin gelesen habe. Weil ich mich frage, wo wir zwischenmenschlich hingekommen sind. Mich frage, warum wir so miteinander umgehen, wie wir es tun.
Und ich sehne mich zurück in die Zeit, als ich das alles noch anders empfand; sehne mich zurück zu der Freiheit „ich selbst“ sein zu können ohne Angst zu haben, dafür diffamiert und ausgegrenzt zu werden. Liegt das an den vielen inneren Schweinehunden? Daran, dass sie vielleicht inzwischen an viel längeren Leinen laufen, als früher? Dass sie mehr aus unseren Handlungen herauskläffen und nicht nur uns selbst, sondern auch unseren Mitmenschen das Leben zunehmend schwer machen? Könnte es an Dr. Drosten, Dr. Lauterbach, Dr. Wieler und an Dr. Merkel liegen, die nicht nur Christian, Karl, Lothar und Angela, sondern uns alle gerne quälen?
Wie nur ist mein Kind auf Dr. Blutrich gekommen? Ich weiß es nicht, mache mir aber entsprechende Gedanken...
Meine Erfolglosigkeit in der Mission „schnelles Internet“ verführt mich dazu, all meine Vorsätze über Bord zu werfen: Nichts von dieser Reise zu dokumentieren. Und jetzt einfach meinen Schokoladenvorrat aus Schweden aus der untersten Schublade hervorzukramen und eine 200 Gramm Tafel Marabou Minze-Krokant zu öffnen. Und auf ex zu essen!
Ich tu es nicht.
„Nein!“
„Helga, Nein!“
„Helgaaaaaa! Schleich Dich!“
Wenigstens ich habe meinen inneren Schweinehund im Griff! Heute jedenfalls! Aber er hat ja auch keinen Doktor-Titel. Keine Kunst also!
Nurische Kehrungen oder: Unerwartete Kehrtwendungen...
Nach dem Sieg über meine Laune packen wir die Räder und fahren zur Fähre auf die kurischen Nehrungen. Wir fahren alleine durch den Wald und der Geruch von feuchtem Moos, Kiefern und Meerluft relativiert alles. Das Rad geparkt erklimmen wir die Sanddüsen und schlendern am Strand entlang. Der Moggel möchte so gerne Bernsteine finden. Und ich auch. Wir sammeln fleissig.
Ich weiß, dass kein einziges Fundstück Bernstein ist. Aber alle sehen so wundervoll gelb aus, dass sie es sein könnten. Und das ist, was jetzt zählt: Was sein könnte. Nicht was ist! Wir sind glücklich und können diesen wundervollen Moment tatsächlich in einem Schnappschuss festhalten.
Mit einer Tüte voller Bernstein-Steine kommen wir am Rad an und stellen fest, dass der Hänger schon wieder einen Platten hat. Mitten im Nirgendwo, rings herum nur Wald und das Wohnmobil mehr als 20 km entfernt...
„Was sein könnte – nicht was ist!“ – ich rufe mir das Motto des heutigen Tages erneut ins Gedächtnis, damit ich nicht anfange laut zu fluchen...
Also nehmen wir jetzt den kürzesten Weg. Quer durch den Wald. Orientierung bietet alles, was aussieht, als wäre schon ein Mal ein Mensch darauf weiter Richtung Zivilisation gegangen. Laufend, schiebend, Kind auf dem Gepäckträger. Irgendwann erreichen wir Juodkrante und am ersten Hauseingang steht doch tatsächlich ein Mann, der sein Fahrrad repariert. Auf Nachfrage pumpt er glücklicherweise unseren platten Reifen auf, damit wir wenigstens eine Weile lang fahren können. Schnell das Kind mit Jacke unter dem Po auf den Gepäckträger und dann mit größtmöglicher Unterstützung durch das E-Bike auf der Straße für Autos losstrampeln, um zu Malte zu gelangen. Der liebe Moggel klammert sich an mir fest und hält so tapfer durch – selbst als es zu nieseln beginnt. Die kleinen Ärmchen fest um meinen Bauch geschlungen sagt er nur: „Mama, gell, wir schaffen das. Wir sind mutig und stark!“. „Ja, Moggelspatz! Wir sind mutig und stark!“
Unterwegs sehen wir ein Reh, verschiedene Vögel, das Meer an der anderen Seite der Nehrung, ein schönes Segelschiff, ein deutsches Auto, verwunderte Letten. Was schert da noch der platte Fahrradanhänger, den wir hinter uns herziehen? Oder der schwindende Akku und die nun wirklich erschöpfte Oberschenkelmuskulatur?
Als wir endlich die Fähre und etwas später dann auch Malte erreichen, waschen wir zuerst unsere Bernsteine. Dann uns. Und dann fallen wir nur noch ins Bett. Was für ein Tag: Eine Achterbahn der Gefühle!
Ein Loch ist im Reifen – Teil II
Am nächsten Morgen machen wir uns also wieder auf in die Innenstadt, um erneut den Hänger reparieren zu lassen. Auch dieses Mal bekommen wir Soforthilfe zum günstigen Preis und sind sehr dankbar dafür.
Am Mittag möchten wir das Aquarium mit Delphinarium (https://klaipedatravel.lt/de/places/das-meeresmuseum-und-das-delfinarium/) in Smiltyne auf den kurischen Nehrungen erkunden, aber dort angekommen sehen wir vor dem Aquarium eine lange Menschenschlange und beim Delphinarium das Ausverkauft-Schild. Das wird also nichts...
Aber wir sind ja flexibel: Da wir auf der Fähre von einem mitfahrenden Deutschen Tips fürs Bernsteinsammeln erhalten haben, entscheiden wir uns, am Strand in Smiltyne nochmals unser Sammlerglück zu versuchen, aber dieses Mal finden wir noch nicht einmal bernsteinfarbene Steine.
Der Tag kommt mir vor, wie verlorene Zeit! Warum gelingt mir es mir so selten, das eigentliche Ziel zu erreichen? Wie lange soll ich mich noch darin üben, auf den Umwegen mein Glück zu finden? Wenn ich nicht einmal fähig bin, so einen lächerlichen Stein zu finden?
Puh, Helga kann ganz schön anstrengend sein! Nicht nur wenn es um Schokolade geht ist sie eine Meisterin; sie beherrscht eigentlich alle Disziplinen, die mit Selbstdemontage zu tun haben. Ich zerre heftig an der Leine, aber mindestens 2 Stunden behält sie Oberhand... mein Moggel, bitte erinnere mich an diesen Nachmittag, wenn Dr. Blutrich das nächste Mal Freigang hat! Ich will dann sehr gnädig mit Dir sein!
Symbole...
Am Abend fahren wir weiter nach Siauliai zum Berg der Kreuze. Mich interessiert der Berg aus religiösen Gründen, aber auch, weil er in Litauen ein Symbol des politischen Widerstandes ist. Trotz mehrmaliger Zerstörungsaktionen durch das russische Regime ließen sich die Menschen nicht davon abbringen, immer wieder Kreuze an diesem Hügel aufzustellen und abzulegen (www.skr.de/baltikum-reisen/sehenswuerdigkeiten/berg-der-kreuze/). Letztlich waren sie mit dieser Praxis erfolgreicher, als ihre Gegner...
Da der Moggel auf der Fahrt eingeschlafen ist, kann ich allein einen kurzen Spaziergang zum Berg der Kreuze machen. Die Atmosphäre passt sehr gut zu meinen Gefühlen und Gedanken der letzten Tage.
In der Nacht habe ich einen eindrücklichen Traum: Ich werde darin gefragt, was ich von meinem Gegenüber brauche, um glücklich leben zu können. Der Fragende legt für eine Antwort eine Art Tarot-Karten auf den Tisch und diese Karten besagen: „Zuverlässigkeit“ und „Übernahme von Verantwortung“. Ich bin selbst im Traum erstaunt, wie zutreffend diese Antworten sind und wache im Grübeln darüber auf. Was hat mich noch beschäftigt in den letzten Stunden und Tagen, dass daraus ein solcher Traum entsteht?
Ich möchte auch ein Kreuz am Berg der Kreuze ablegen und da wir noch massenhaft gesammeltes Schnitzholz mit uns mitfahren, machen wir uns am nächsten Morgen gemeinsam ans Werk, um ein Holzkreuz herzustellen. Wir sind ein gutes Team und haben schon nach 30 Minuten ein vorzeigbares Exemplar gebastelt, das wir voller Stolz gemeinsam zur Gedenkstätte tragen und nach langwierigen Überlegungen – Moggel ist jeden Weg und Seitenweg mindestens drei Mal begutachtend begangen – ehrfürchtig aufstellen.
Stufen (in Erinnerung an C. Anderer)
Danach reisen wir guter Laune weiter Richtung Regionalpark Anyksciai (https://www.visitlithuania.net/nature/regional-parks/841-anyksciai-regional-park). Da die kommenden Tage Regenwetter vorhergesagt ist, plane ich genau, wann wir Auto fahren und wann wir mit einigermaßen stabilem Wetter Dinge im Freien unternehmen können. Leider klappt das nicht immer so gut, so dass wir die Kirche mit einem Turm mit 184 Stufen – ich könnte eine Vergleichstabelle mit der Stufenanzahl aller bislang erklommenen Türme anlegen – von St. Matthias in Anyksciai zwar gerade noch regenfrei besichtigen können, aber für den Baumkronenpfad im Regionalpark eine relativ lange Regenpause auf dem Parkplatz davor einschieben.
Dem Moggelmann macht das gar nichts, denn der Kiosk auf dem Parkplatz verkauft neben anderen zu uns herüberduftenden Leckereien auch Eis. Und das geht immer – egal wie feucht oder kalt es ist...
Übrigens: Turm am Ende des Pfades mit 234 Stufen und hervorragender Aussicht!
Auf dem Rückweg entdecken wir durch Zufall einen Labyrinth-Garten (https://www.visitanyksciai.lt/things-to-do/labyrinth-park/), den wir uns spontan für den nächsten Tag vornehmen. Schließlich wollte der Moggel ja schon so unglaublich lange Mal ins Maislabyrinth – und ich kann dem großzügigen Parkplatz davor für die kommende Nacht nicht widerstehen.
Der Labyrinth-Garten entpuppt sich als großer Spaß und wir suchen unseren Weg im Steinlabyrinth, Hanflabyrinth, Maislabyrinth, Buschlabyrinth, Spiegellabyrinth und schließlich auch im dunklen Bänderlabyrinth; immer wieder unterbrochen vom Hüpfen auf dem Trampolin, Klettern im Seilgarten oder von Fahrten im Kettenkarussell, im Miniaturzug, im Elektrotraktor und bestimmt an die zehn Mal durch Fahrten im Box-Boot. „Mama, kannst Du mir zum Geburtstag...“
Zum Glück sind wir über diese Attraktion gestolpert und haben sie einem Besichtigungsprogramm in Vilnius vorgezogen. Am Ende ist mein Kind ist überglücklich und erschöpft und ich bin es auch!
In Mitten der Nacht – durch Gepiepse erwacht...
In der Nacht wache ich auf, weil das Auto laut Alarm gibt. Erst erschrecke ich unheimlich, bis mir – etwas wacher als vorher – klar wird, dass das Gas leer ist und der Kühlschrank mich darüber informiert. Soll ich nun mitten in der Nacht auf diesem einsamen Platz rausgehen und die Flasche wechseln? Das erste Mal ohne jede Unterstützung? Ich überlege, einfach liegen zu bleiben („Hallo Helga! Auch schon wach?“), aber das Piepsen hört nicht auf und wird auch nicht aufhören...
Also ziehe ich meine Regensachen über, schaue vorsichtshalber aus allen Fenstern in die Nacht, nehme die Taschenlampe mit und wage mich in die Dunkelheit. Die Flasche lässt sich problemlos abschließen und es gelingt mir auch die neue Flasche anzuschließen. Es rumpelt und pumpelt dabei, da ich die schweren Flaschen bewegen muss, und das Kind erwacht und ruft fragend: „Mama?“. „Alles okay! Ich wechsele nur die Gasflaschen!“ In welcher Ruhe man das sagen kann, obwohl einem selbst das Herz bis zum Hals schlägt...
Kindermund tut Wahrheit kund...
Auf dem Weg in die Hauptstadt möchten wir einen Stop auf dem weit und breit einzigen Campingplatz in der Nähe von Trakai einlegen. Es ist an der Zeit Wäsche zu waschen, alle Tanks neu zu befüllen, etwas zu putzen und die Elektrogeräte aufzuladen. Leider findet jedoch trotz Nieselwetter an just diesem Tag ein Party-Programm für junge Erwachsene auf dem Platz statt, das mit lauter Discomusik erst um vier Uhr morgens endet...
Der Moggel hat wunderbar geschlafen und ist voller Energie, aber ich fühle mich wie durch den Fleischwolf gedreht. In der Hoffnung, dass nun eine heiße Dusche mein unterkühltes Gemüt etwas aufwärmt, betreten wir die sanitären Anlagen, haben die Rechnung aber erneut ohne den Campingplatz gemacht: Als wir den Wasserhahn öffnen, schreit das Kind „Ihhhh, Mama, das ist Grauwasser! Ich will doch nicht in Stinkewasser duschen!“. Kindermund...
Ich hoffe inständig, dass sich der Geruch nach einer Weile verflüchtigt und gebe bei der Bewertung nur einen Stern. Kein Stern ist leider nicht möglich!
Als Nachmittag endlich den „Stinke-Platz“ verlassen, hebt sich unsere Laune spürbar. Ob das nun am Geruch oder an der Tatsache liegt, dass wir das enge Wohnmobil endlich verlassen, um etwas zu unternehmen, ist ungewiss, aber letztlich auch egal.
Wir fahren nach Trakai (https://www.trakai-visit.lt) und spazieren mit Regenkleidung und Schirm ausgerüstet durch die Stadt. Zusammen erkunden wir die Basilika Mariä Heimsuchung und das Postamt – letzteres für uns fast wichtiger als ersteres, da es das erste seiner Art in Litauen ist, so dass wir endlich, endlich Briefmarken für unsere schon längst geschriebenen Postkarten kaufen können... Dann schlendern wir am See entlang gemütlich zur berühmten Wasserburg und umrunden diese zu Fuß und per Boot.
Good Bye, Baltikum...
Den letzten vollständigen Tag in Litauen widmen wir Vilnius.
Von unserem Parkplatz aus radeln wir bei leichtem Regen 6 km in die Stadt, um an einer „Free guided tour“ teilzunehmen (https://www.freetour.com/vilnius). 2,5 Stunden führt uns Remigius mit fünf anderen Touristen durch die Altstadt der Landeshauptstadt. Er zeigt uns ein die wichtigsten historischen Gebäude, erzählt Legenden und führt uns schließlich in die „Res Publika Uzupio“, einer Künstlerkolonie, die sich vom unterentwickelsten Stadtteil ohne Anschluss an das Stromnetz oder das Abwassersystem gemausert hat zu einem dem Montmartre in Paris vergleichbaren hippen Wohn- und Arbeitsquartier. Das erste Mal habe ich den Eindruck, das die Litauer auch Humor besitzen – ohne verraten zu wollen, was es mit der „Res Puplika Uzupio“ noch so auf sich hat.
Am Nachmittag folgen wir einer Einladung der Facebook-Gruppe „Couchsurfing Vilnius“ und fahren für eine Kunstausstellung in ein Wohnviertel am Rand der Stadt. Die „Kunst“ dort beschränkt sich auf eine Hand voll Bilder von – ich weiß nicht, wie ich das nennen soll: Nachbarn des Ausstellenden. Ich formuliere möglichst positiv! Es ist dennoch eine interessante Erfahrung, da wir dort endlich ausschließlich Menschen treffen, die in Litauen leben. Wenngleich die Hälfte davon pakistanische Wurzeln hat...
Nach etwa einer Stunde verlassen wir das Pavillonzelt und brechen auf Richtung polnische Grenze. Für die Nacht legen wir einen letzten Stop bei Rumsiskes (https://park4night.com/de/lieu/145671//rumšiškės-22-a-baranausko-gatvė/lithuania/kaišiadorių-rajono-savivaldybė/Parkplatz-Tag-und-Nacht-#.YST0dy0esnU) – zusammen mit zwei weiteren deutschen Wohnmobilisten – ein und überqueren dort am Morgen mit dem Paddelbord den an dieser Stelle sehr breiten Fluss Nemunas.
Wie immer kommt bei der Fahrt das bekannte „wir-überqueren-bald-die-Landesgrenze-Kribbeln“ auf. Wird alles reibungslos klappen? Ich bin ungetestet... aber wir werden nicht kontrolliert, sondern freundlich durchgewunken.